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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 43 vom 04.06.2018

Hoch anständig

Ein zunächst entkommener Drogenkurier kehrt nach München zurück, da ein anderer für diese Tat unschuldig in Haft sitzt, und wird zu einer deswegen reduzierten Freiheitsstrafe verurteilt.

Am 26.04.2018 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 27jährigen in Italien als politischer Flüchtling anerkannten afghanischen Bäckereiarbeiter wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.

Die Angeklagte hatte zugegeben, vor dem 09.12.2017 in Trient von einem Bekannten aufgefordert worden zu sein, einen braunen Trolley mit auf die Fahrt mit dem Bus zu Freunden nach München zu nehmen, wofür er den Fahrpreis bezahlt bekommen und nach Übergabe 500 € erhalten sollte. Er sei davon ausgegangen, dass der Trolley eine überschaubare Menge Marihuana enthielt. Mit den tatsächlich sichergestellten 5.388,49 g Marihuana habe er nicht gerechnet. Bei einer nächtlichen Kontrolle bei Mittenwald sei der Trolley von den kontrollierenden Polizisten im Bus entdeckt, aber mit zwei schwarzafrikanischen Mitreisenden in Zusammenhang gebracht worden, die dann von den Beamten mitgenommen worden seien. In München angekommen habe er mangels Trolley sein Geld nicht bekommen, sondern sei von seinen Auftraggebern verdächtigt worden, das Marihuana selbst der Polizei übergeben zu haben. Aus Angst vor den Auftraggebern sei er zunächst nach Österreich geflüchtet, dann aber am 13.12.2017 - ohne Ticket - nach München zurückgekehrt, um die Polizei über den wahren Sachverhalt aufzuklären. Tatsächlich wurde nach seiner Festnahme der Haftbefehl gegen den zunächst inhaftierten Tatverdächtigen aufgehoben.

Der als Zeuge einvernommene ermittelnde Polizeibeamte bestätigte in der Verhandlung, dass der Verurteilte sich bei der Bundespolizei als der gemeldet habe, dessen Koffer entdeckt worden sei. Er habe einen Fehler gemacht und wolle nicht, dass ein Unschuldiger ins Gefängnis gehe. Er habe bei der neuerlichen Einreise eine Kleinmenge Marihuana dabei gehabt.

Dem Verurteilten wurde in der Untersuchungshaft bei Arbeiten an einer Sägemaschine ein Finger so abgetrennt, dass er bis zum mittleren Gelenk amputiert werden musste. Das Fingerstück konnte erst am Folgetag in der Maschine gefunden werden.

Die zuständige Vorsitzende Richterin begründete ihr Urteil wie folgt:

Zugunsten des Verurteilten spreche „….dass er bislang nicht vorbestraft ist und geständig war sowie dass es sich um die weiche Droge Marihuana handelte, die Menge zudem vollständig sichergestellt werden konnte und somit nicht in den Verkehr gelangte. (…) Erheblich zu Gunsten des Angeklagten ist auch zu sehen, dass er sich selbst dem Verfahren stellte; ohne die Selbststellung hätte der Angeklagte vermutlich nicht ermittelt werden können. Schließlich sind auch die Untersuchungshaft und die schweren Folgen aus dem Unfall in der Untersuchungshaft zu Gunsten des Angeklagten zu sehen. Strafschärfend war hingegen die erhebliche Menge der Betäubungsmittel zu berücksichtigen, es handelte es sich um mehr als 5 kg netto.

Das Gericht hat dabei auch generalpräventive Aspekte berücksichtigt; die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren kam danach nicht in Betracht. Für das Vertrauen der Bevölkerung in den Schutz der Rechtsordnung wäre es unerträglich, dass die Einfuhr einer derart großen Menge Betäubungsmittel in die Bundesrepublik Deutschland mit einer Bewährungsstrafe geahndet wird.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 26.04.2018, Aktenzeichen 1123 Ls 370 Js 226722/17

Das Urteil ist aufgrund Berufung der Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftig.


Klaus-Peter Jüngst

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