Pressemitteilung 13 vom 09.11.15
"Wer soll da noch durchblicken"
So fragte sich bestimmt der Geschädigte eines Autounfalls, als er von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners die Reparaturkosten für sein Fahrzeug ersetzt haben wollte.
Er hatte einen Gutachter beauftragt, um den Schaden zu ermitteln. Dieser errechnete einen Wiederbeschaffungswert für das Auto von 5.500 Euro und Reparaturkosten mit Mehrwertsteuer von 4.500 Euro. Da der Geschädigte die Reparatur selbst durchführte, wollte er nun von der Versicherung die ermittelten Netto-Reparaturkosten.
Nach der Rechtsprechung zum Schadensersatz ist es bei Verkehrsunfällen tatsächlich möglich, das Auto ganz oder teilweise selbst zu reparieren oder reparieren zu lassen und dann die vorher von einem Gutachter festgestellten Kosten ohne Mehrwertsteuer zu verlangen. Voraussetzung ist, dass - wie hier - die zuvor ermittelten Reparaturkosten mit Mehrwertsteuer niedriger als der Wiederbeschaffungswert sind.
Als die Angelegenheit vor das Amtsgericht Augsburg kam, wollte die Versicherung aber nicht zahlen. Der vom Kläger beauftragte Gutachter habe einen nicht reparierten Hagelschaden zwar gesehen, der Höhe nach allerdings nicht ausreichend berücksichtigt. Das Auto habe daher nur einen Wiederbeschaffungswert von rund 3.000 Euro, also deutlich niedriger als die verlangten Reparaturkosten.
Das Gericht gab dem Kläger Recht und wurde vom Landgericht Augsburg bestätigt, das über die anschließende Berufung der Versicherung rechtskräftig entschied. Zwar hat der vom Gericht im Prozess bestellte Gutachter letztendlich einen Wiederbeschaffungswert von 4.000 Euro ermittelt. Der Geschädigte darf sich aber auf das von ihm eingeholte - nach bestem Wissen des Privatgutachters gefertigte - Gutachten verlassen. Das sogenannte 'Prognoserisiko', also dass sich im Nachhinein das Gutachten als nicht richtig erweist und ein niedrigerer Wiederbeschaffungswert herausstellt, hat der Schadensverursacher zu tragen.