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Amtsgericht Augsburg

Pressemitteilung 2 vom 28.01.16

Schneelawinen in der Stadt

Als die Autofahrerin nach tagelangem Schneefall am nächsten Morgen zu ihrem Wagen, den sie am Vorabend am Straßenrand abgestellt hatte, zurückkam, traute sie ihren Augen nicht: Das Auto war komplett im Schnee eingegraben. Im ersten Moment dachte sie, Kinder hätten sich einen Scherz erlaubt. Doch dann sah sie den Schaden. Wegen einsetzendem Tauwetter war eine Schneelawine vom angrenzenden Hausdach abgerutscht, die einen Schaden von etwas über 2.000 Euro verursachte. Den wollte sie vom Hausbesitzer ersetzt bekommen. Nach ihrer Ansicht habe dieser den vor dem Haus liegenden Straßenraum nicht gegen Dachlawinen, etwa durch Schneefanggitter oder Warntafeln, ausreichend gesichert.

Im Winter bei Eis und Schnee bekommt der Begriff der Verkehrssicherungspflicht eine besondere Bedeutung. Bei Schäden durch Dachlawinen kann der Hausbesitzer haften, wenn er Pflichten schuldhaft versäumt hat. Welche Vorkehrungen notwendig sind, um den vor dem Haus liegenden Straßenraum dagegen zu sichern, hängt z. B. davon ab, wie die Wetter- und Schneeverhältnisse sind, welche Dachneigung das Gebäude aufweist und in welchem Maße der entlang laufende Verkehr gefährdet ist. Einfacher ist es für den Geschädigten, wenn in der Gemeinde eine Satzung oder eine örtliche Bauvorschrift für das Anbringen von Schneefanggittern besteht. Da dies im vorliegenden Rechtsstreit aber nicht der Fall war, kann das Anbringen solcher Gitter oder auch das Aufstellen von Warntafeln nur unter besonderen Umständen verlangt werden, z. B. wenn sich Schneeabgänge immer wieder ereignen und der Hausbesitzer damit vorgewarnt sein müsste. Jedoch kann man nicht die einfache Formel anwenden: je mehr Schnee, desto strenger die Anforderungen an den Hausbesitzer. Vielmehr ist auch dem Geschädigten zuzumuten, bei starkem Schneefall und anschließendem Wetterumschwung sich auf die Gefahr von Dachlawinen einzurichten und insbesondere nicht an solchen Gefahrenstellen seinen Wagen zu parken. Ihm könnte ansonsten ein Mitverschulden angerechnet werden. Da das Risiko, den Prozess zu verlieren, für beide Parteien gleich hoch war, einigten sie sich darauf, dass jeder die Hälfte des Schadens trägt.