Pressemitteilung 4 vom 13.02.17
Verhängnisvolle Klausel
Wenn die Familie zerrüttet ist, fällt es schwer, weiterhin gemeinsam in einem Haus zu leben. So ging es dem Vater, dem ein Zweifamilienhaus im südlichen Stadtgebiet von Augsburg gehörte und dort mit seinem 50-jährigen Sohn wohnte. Weil der Sohn aber ein schweres Rückenleiden hatte und schon seit seiner Geburt in dem Haus wohnte, einigten sich die Parteien in einem 2009 geführten Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Augsburg auf einen Vergleich. Der Sohn sollte weiterhin als Mieter auf unbestimmte Zeit im Erdgeschoss wohnen bleiben, während der Vater den 1. Stock behielt. Allerdings sollte keiner mehr Kontakt zum anderen aufnehmen. Bei Streitigkeiten aus dem Mietverhältnis sollten die Parteien nicht gleich zu Gericht gehen, sondern vorher ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchführen.
Im Jahr 2015 kaufte eine Familie mit zwei kleinen Kindern das Haus vom Vater und zog in dessen ehemalige Wohnung ein. Schon nach zwei Monaten kündigten sie dem Mieter. Dieser hielt Kaninchen in der Wohnung, was zu einem unerträglichen Gestank im Treppenhaus führte. Außerdem schlug er nachts die Türen so heftig zu, dass die Kinder aufwachten. Nachdem der Mieter nicht freiwillig auszog, erhoben sie Klage vor dem Amtsgericht Augsburg.
Der Mieter hielt dagegen, dass die Vermieter vorher ein Schlichtungsverfahren hätten durchführen müssen, wie es in dem Vergleich mit seinem Vater geregelt war. Als neue Eigentümer und Vermieter seien auch sie an die Klausel gebunden.
Das Amtsgericht sah dies anders. Die Formulierungen des Vergleichs waren speziell auf das zerrüttete Vater-Sohn-Verhältnis zugeschnitten. Auch wenn die neuen Eigentümer nach den gesetzlichen Vorschriften in das Mietverhältnis eintreten, gelte die Klausel über das vorherige Schlichtungsverfahren nicht für sie.
Mit seiner Berufung vor dem Landgericht Augsburg hatte der Mieter aber Erfolg. Die Klage der Vermieter auf Räumung der Wohnung wurde wegen der Schiedsklausel abgewiesen. An diese sind die neuen Eigentümer nur dann nicht gebunden, wenn sich aus den Umständen etwas anderes entnehmen lässt oder das Gegenteil vereinbart war.