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Amtsgericht Erding

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 2 vom 30.06.16

Pilotenstreik

Kein Schadensersatz für Flugannullierung infolge Pilotenstreiks

Ein Pilotenstreik kann ein außergewöhnlicher Umstand sein, bei dessen Vorliegen eine Fluggesellschaft ihren Passagieren im Falle einer kurzfristigen Annullierung eines Fluges keinen Schadensersatz leisten muss. Insbesondere hat eine Airline einen weiten Entscheidungsspielraum bei der Frage, welche von einer Vielzahl von Flügen sie absagt und welche sie durchführt.

Die drei Kläger aus Planegg machten jeweils Ansprüche auf Ausgleichszahlung in Höhe von 400 € wegen einer Flugannullierung geltend. Sie hatten bei der beklagten Airline Flüge von Vigo über Paris nach München gebucht, die drei Tage vor der planmäßigen Abflugzeit annulliert wurden. Hintergrund war ein vier Tage lang dauernder Streik von ca. 80 % der Piloten der Beklagten. Die Beförderung der Kläger erfolgte schließlich zu einem deutlich späteren Zeitpunkt.
Während die Fluggesellschaft die Auffassung vertrat, dass die Annullierung des Fluges der Kläger wegen des Pilotenstreiks eine außergewöhnliche Ursache hatte, die von ihr nicht zu vertreten war, waren die Kläger der Meinung, die Annullierung der Flüge wäre vermeidbar gewesen, hätte die Airline alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen.
Das Amtsgericht Erding stellte hierzu fest, dass ein Streik von Mitarbeitern als Kampfmittel im Rahmen einer Tarifauseinandersetzung gerade darauf abzielt, die normale Ausübung des Betriebs zu beeinträchtigen. Er suspendiere die arbeitsvertraglichen Pflichten der Mitarbeiter zur Erbringung ihrer Leistung, weshalb die Fluggesellschaft keine arbeitsrechtlichen Möglichkeiten habe, auf die Beschäftigten einzuwirken. Der Airline sei es aber auch nicht zuzumuten, rasch auf die Forderungen der Mitarbeiter einzugehen, um einen Streik abzuwenden.
Welche Maßnahmen einer Fluggesellschaft im Übrigen zumutbar sind, um einen Ausfall von Flügen im Falle eines Streiks zu vermeiden, könne nicht generell gesagt werden, sondern beurteile sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei dürfe an die Darlegung der Gründe, warum ein bestimmter Flug annulliert wurde, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Das Luftverkehrsunternehmen habe nämlich dafür Sorge zu tragen, dass die Beeinträchtigung der Gesamtheit aller ihrer Fluggäste durch einen Streik möglichst gering ausfällt. So habe sie alle ihr trotz des Streiks zur Verfügung stehenden Ressourcen auszuschöpfen.
Die vom Gericht durchgeführte Beweisaufnahme ergab, dass das Krisenmanagement der Fluggesellschaft anhand der Anzahl der am Streik teilnehmenden Flugkapitäne entschied, welche der geplanten Flüge durchgeführt und welche annulliert wurden. So habe die Fluggesellschaft von 931 Flügen 356 Flüge gestrichen, während die restlichen – wozu nicht die von den Klägern gebuchten gehörten – mit nicht am Streik beteiligten Piloten oder mittels Chartermaschinen durchgeführt wurden. Die kurzfristige Rekrutierung von Aushilfspersonal war nicht möglich.
In Anbetracht der komplexen Entscheidungssituation bei der eine Vielzahl von Flügen sowie deren Verknüpfung untereinander zu berücksichtigen sind, müsse – so das Amtsgericht Erding - der Fluggesellschaft ein Spielraum bei der Beurteilung der zweckmäßigen Maßnahmen zugebilligt werden, welcher gerichtlich nicht überprüfbar sei.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Erding, welches die Klagen der Fluggäste abwies, legten diese Berufung ein. Nach einem Hinweis des Landgerichts Landshut, dass auch nach Meinung des Berufungsgerichts wegen des Pilotenstreiks entlastende außergewöhnliche Umstände vorgelegen hätten, weshalb die Fluggesellschaft nicht ersatzpflichtig sei, nahmen die Kläger schließlich ihr Rechtsmittel zurück.

Urteil des Amtsgerichts Erding vom 14.8.2015, Aktenzeichen 7 C 851/14.
Das Urteil ist rechtskräftig.