Pressemitteilung 1 vom 11.01.17
Haftung eines Flughafenbetreibers
Zur Haftung eines Flughafenbetreibers, wenn der Fluggast seinen Flug wegen zeitaufwändiger Sicherheitskontrollen nicht rechtzeitig erreicht.
Die Beklagte betreibt den Flughafen Franz-Josef-Strauß.
Der aus Augsburg stammende Kläger hatte für sich und seine Familie einen Flug über Istanbul nach Hatay/Türkei gebucht, dessen planmäßige Abflugzeit am 25.10.2105 um 13:40 h war. Das Boarding für den Flug begann plangemäß um 13:05 h.
Der Kläger und seine Begleiter begaben sich, nachdem sie um 12:22 h am Modul C des Flughafens eingecheckt hatten, zur Sicherheitskontrolle, wo sie sich in eine lange Schlange dort bereits wartender Fluggäste einreihten. Wegen des großen Andrangs wurden sie und andere Passagiere nach einiger Zeit von einem Mitarbeiter der Beklagten aufgefordert, sich in das Modul B zu begeben, um dort die Kontrolle zu durchlaufen. Dabei wies der Kläger, der mit den anderen Reisenden dieser Aufforderung nachkam, den Mitarbeiter darauf hin, dass er befürchte seinen Flug zu verpassen, worauf ihm dieser jedoch versicherte, er werde den Flug sicher erreichen. Letztlich konnte der Kläger mit seiner Familie den Flugsteig wegen der Gesamtdauer der Sicherheitskontrolle jedoch nicht mehr innerhalb der Boardingzeit erreichen und das Flugzeug startete ohne sie.
Der Kläger und seine Familie erhielten ihr Gepäck ausgehändigt und fuhren unverrichteter Dinge nach Hause zurück, nachdem sie zuvor auf einen Flug am darauffolgenden Tag umgebucht worden waren. Die ihnen entstandenen Mehrkosten für die vergebliche Anreise zum Flughafen und die Umbuchung, insgesamt 613,96 , verlangten sie mit ihrer Klage von der Beklagten erstattet. Es läge so der Kläger - ein Organisationsverschulden der Beklagten vor, die die Sicherheitskontrolle so organisieren müsse, dass es den Passagieren möglich sei, rechtzeitig am Flugsteig zu sein.
Die Beklagte hielt die Klage unter anderem aus rechtlichen Gründen für unbegründet. Es bestünde so die Beklagte - keine vertragliche Beziehung zwischen dem Flughafenbetreiber und einem Fluggast, sondern lediglich zwischen diesem und seiner Fluggesellschaft. Damit könne auch keine Vertragsverletzung des Flughafenbetreibers gegenüber dem Fluggast vorliegen, sollten bei dem Ablauf der Sicherheitskontrollen tatsächlich Pflichten verletzt worden sein.
Dieser Argumentation mochte sich das Amtsgericht Erding nicht anschließen und gab dem Kläger dem Grunde nach Recht. Zwischen der Airline, bei der ein Fluggast seinen Flug gebucht habe und dem Flughafenbetreiber bestehe nämlich ein Vertragsverhältnis, welches Schutzwirkungen zu Gunsten des Fluggastes entfalte. Hieraus könne der Fluggast direkte Schadensersatzansprüche gegen den Flughafenbetreiber herleiten, wenn dieser gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen habe. Zu diesen Pflichten gehöre auch die effektive organisatorische Abwicklung des Zugangs zum Flug, insbesondere also der Sicherheitskontrolle der Fluggäste.
Das Amtsgericht sah allerdings auf Seiten des Klägers einen anspruchsmindernden Mitverschuldensanteil in Höhe von 20% und gab der Klage deshalb nur in reduziertem Umfang statt. Entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung treffe den Fluggast nämlich die Obliegenheit nicht in der Schlange vor der Sicherheitskontrolle zu verbleiben, wenn die Gefahr bestehe den Flug zu verpassen, sondern sich nach vorne zu begeben und darauf aufmerksam zu machen. Dieser Obliegenheit sei der Kläger, der sich mit seiner Befürchtung den Flug zu verpassen lediglich an den Mitarbeiter gewandt hatte, der ihn in das Modul B umdirigiert hatte, nicht vollständig nachgekommen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht Erding, Az. 8 C 1143/16