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Pressemitteilung 15 vom 28.09.2020

Mündliche Verhandlung Widerspruch Fußballverfahren

Heute fand ab 10.30 Uhr am Landgericht München I die mündliche Verhandlung der 37. Zivilkammer in dem einstweiligen Verfügungsverfahren eines Münchner Fußballvereins gegen den Bayrischen Fußball-Verband e.V. (BFV) und den Deutschen Fußball-Bund e.V. (DFB) (Az. 37 O 11770/20) statt.

Verhandelt wurde der Widerspruch des BFV und des DFB gegen die am 11.09.2020 erlasse-ne einstweilige Verfügung des Landgerichts  München I (auf die Pressemitteilung vom 11.09.2020 wird Bezug genommen: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/landgericht/muenchen-1/presse/2020/11.php

Nach umfangreicher Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Parteien hat die Kammer angekündigt, ihre Entscheidung am 30.09.2020, um 15:00 Uhr im Sitzungssaal 301 im Gerichtsgebäude Lenbachplatz 7 bekannt zu geben.

Die Pressestelle wird zeitnah zur Verkündung der Entscheidung eine Pressemitteilung über den Presseverteiler des Landgerichts München I herausgeben und auf die Home-page des Landgerichts München I stellen.

Sollte ein Urteil ergehen wird dies auf Anfrage an pressestelle@lg-m1.bayern.de anonymisiert mit Urteilsgründen an interessierte Vertreterinnen und Vertreter von Presse und Medien versandt.

In ihrer Einführung in den Sach- und Streitstand betonte die Vorsitzende der 37. Zivilkammer Dr. Gesa Lutz, es gehe bei dem Rechtsstreit im Kern um drei Fragen:

1. Ist der Eilrechtsschutz ausgeschlossen, weil der Antrag zu spät gestellt wurde?

Hier müsse die Kammer entscheiden, ob der Münchner Fußballverein möglicherweise mit der Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu lange zugewartet habe, obwohl er bereits einige Zeit vor Antragsstellung gewusst habe, dass der BFV beabsichtigte, den 1. FC Schweinfurt 05 zur 1. DFB-Pokal-Hauptrunde zu melden.

2. Darf dem Antrag im Eilverfahren nicht stattgegeben werden, weil damit unzulässigerweise die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen wird?

In diesem Zusammenhang seien alle Gesichtspunkte sorgfältig abzuwägen, erklärte das Ge-richt, also nicht nur die Situation des Münchner Fußballvereins bei einer Zurückweisung des Antrages, sondern auch die Interessen von DFB und BFV bei einem stattgebenden Antrag. Auch die Betroffenheit der anderen Pokalteilnehmer, insbesondere des vom BFV nominierten 1. FC Schweinfurt 05 sei zu berücksichtigen. Schließlich komme es auch darauf an, wie wahrscheinlich die Rechtsverletzung ist. „Diese Abwägung werden wir nach der heutigen Er-örterung auf jeden Fall noch einmal gründlich vornehmen“, so die Vorsitzende.

3. War die Nominierung des 1. FC Schweinfurt 05 rechtswidrig und hätte der Münchner Fußballverein nominiert werden müssen?

Hier trat die Vorsitzende zunächst der Auffassung von BFV und DFB entgegen, wonach die Nominierungsentscheidung von staatlichen Gerichten wegen der Verbandsautonomie nicht überprüft werden dürfe. Die Vorsitzende Dr. Lutz führte insoweit aus: „Es ist zwar zweifellos richtig, dass es diese Verbandsautonomie gibt, die im Grundgesetz verankert ist. Sie ist aller-dings nicht schrankenlos. Dies gilt besonders für sogenannte Monopolverbände, wie sie der BFV und der DFB sind. Sie unterliegen einer kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle.“ Auf-grund der Verbandsautonomie stehe den Verbänden zwar ein Beurteilungsspielraum zu, aller-dings dürften Gerichte Ermessensentscheidungen auf Ermessenfehler – also zum Beispiel darauf, ob von richtigen Tatsachen ausgegangen wurde und ob alle Belange erfasst und ab-gewogen wurden – überprüfen. „Und vor allem müssen sich die Verbände an ihre eigenen Regeln halten. Ob dies der Fall ist, dürfen die staatlichen Gerichte selbstverständlich überprüfen“, so Dr. Lutz.

Entsprechend habe die Kammer die Entscheidung des BFV zugunsten des 1. FC Schweinfurt 05 daran überprüfen, auf welche Satzungsnorm die Entscheidung gestützt wurde, ob die Sat-zungsnorm wirksam ist und ob die Satzungsnorm richtig angewendet wurde.

Beide Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den vom Gericht aufgeworfenen Fragen.

Zum Hintergrund:

In „normalen Jahren“ ist die Nominierung für den DFB-Pokal klar geregelt. In § 68.7 der BFV-Spielordnung heißt es:
Für die 1. DFB-Pokal-Hauptrunde qualifiziert sich der Bayerische Totopokalsieger sowie der bestplatzierte bayerische Amateurverein der Regionalliga Bayern.
Am 5. Mai 2020 wurde die Regelung wie folgt ergänzt:
Für das Spieljahr 2019/2020 gilt aufgrund der Covid-19-Pandemie folgende [vom Normalfall] abweichende Regelung:
Aus der Regionalliga Bayern qualifiziert sich der zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist für den DFB-Pokal bestplatzierte bayerische Amateurverein zur Teilnahme an der 1. DFB-Pokal-Hauptrunde 2020/2021. Sollte zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist der Spielbetrieb in der Regionalliga Bayern ohne den nach § 20 Regionalligaordnung zum Aufstieg in die 3. Liga gemeldeten Verein wieder fortgesetzt sein, so qualifiziert sich der zu diesem Zeitpunkt bestplatzierte sich noch im Wettbewerb befindliche Amateurverein.

Zugleich wurden die Regeln für den Aufstieg in die 3. Liga (also §§ 19 Nr. 1.2 und 20 Regionalligaordnung) dahin angepasst, dass die Mannschaft aufsteigt, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Meldefrist zur 3. Liga die Tabelle anführt. Damit sollte die aufsteigende Mannschaft aus dem Spielbetrieb der Regionalliga ausscheiden.

Am 1. September hat der BFV seine Spielordnung erneut geändert. § 68.7 Spielordnung lautet nunmehr:
Aus der Regionalliga Bayern qualifiziert sich der zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist für den DFB-Pokal bestplatzierte bayerische Amateurverein unter Beachtung des § 19 Nr. 1.2 Regionalligaordnung zur Teilnahme an der 1. DFB-Hauptrunde 2020/2021.
Der zweite Satz, der auf die Fortsetzung des Spielbetriebs Bezug nahm, wurde gestrichen.


Verfasserin der Pressemitteilung:
Richterin am Landgericht München I  Dr. Anne-Kristin Fricke – Pressesprecherin -