Pressemitteilung 13 vom 27.05.2021
Auto-Abo
Die unter anderem für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige 17. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat heute einer Anbieterin von sog. „Auto-Abos“ verboten, Werbematerial im Internet für neue Modelle von Personenkraftwagen zu verbreiten, ohne dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen dieser Fahrzeugmodelle zu machen (17 HK O 11810/20).
Die Werbung ohne Angaben zur CO2-Emission verstößt gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung für Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV). Nach Überzeugung der Kammer hat das beklagte Unternehmen den Bestimmungen des § 5 Pkw-EnVKV zuwidergehandelt, weil es Werbematerial im Internet für neue Modelle von Pkw verbreitet, ohne dabei rechtzeitig Angaben über den Kraftstoffverbrauch zu machen. Erforderlich wäre, dass die CO2-Emissionen automatisch in dem Augenblick erscheinen, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung auf der Webseite des beklagten Unternehmens angezeigt werden.
Die Beklagtenseite hatte argumentiert, dass die Pkw-EnVKV das „Auto-Abo“ nicht anspreche und dieses Angebot der Verordnung deshalb nicht unterfallen würde, insbesondere handele es sich bei ihrem Angebot nicht um eine Form des „Leasings“.
Dieser Argumentation folgte die 17. Kammer für Handelssachen nicht:
Die Unterschiede zum klassischen (Finanzierungs-)Leasing bewirkten aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen keine andere Bewertung des „Auto-Abos“ der Beklagten, so die Kammer. Trotz der bestehenden Unterschiede sei die Beklagte als Leasinggeberin und ihre Kunden als Leasingnehmer im Sinne der Pkw-EnVKV einzustufen. Die Unterschiede zum „Leasing“ seien rechtlich betrachtet nicht grundlegend. Auch wirtschaftlich blieben sich beide Modelle im Wesentlichen gleich. Die Ausgestaltung und der Umfang der gewährten Nutzungsrechte seien zwar im Detail unterschiedlich. Die vertragliche Grundkonstellation sei jedoch dieselbe.
Sinn und Zweck der Verordnung sei es zudem, dass beim Erwerb eines neuen Pkws auf den Verbrauch und die CO2-Emissionen geachtet werden solle. Die Kunden der Beklagten träfen mit der Entscheidung, welches Pkw-Modell sie abonnierten, gleichzeitig eine wirtschaftliche Entscheidung darüber, welche Modelle die Beklagte für ihren Fahrzeugpool erwerbe. Daher seien ihnen auch nach Sinn und Zweck der Pkw-EnVKV Angaben über Verbrauch und CO2-Emissionen zu machen. Die Einordnung des „Auto-Abos“ als „Leasing“ im Sinne der Pkw-EnVKV stehe ferner mit der Systematik und der Historie der Verordnung im Einklang, so die Richter.
Schließlich sprechen Gründe des Verbraucherschutzes gleichfalls für dieses Ergebnis: Wenn Kunden des „Auto-Abos“ neben der monatlichen Abogebühr außer für das Waschen und Tanken des Wagens keine weiteren Kosten tragen müssten, komme dem Kraftstoffverbrauch (und den in aller Regel damit einhergehenden CO2-Emissionen des Fahrzeugs) eine entscheidende Rolle zu. Die Höhe des Kraftstoffverbrauchs des Fahrzeugs zeige dann die für Verbraucher wichtigsten Folgekosten an.
Darüber hinaus habe Umwelt- und Klimaschutz bei der Entscheidung für oder gegen ein Fahrzeugmodell für Durchschnittsverbraucher eine immer größere Bedeutung. Das, was das „Auto-Abo“ unabhängig von seinem Namen und seiner aktuellen Popularität ausmache, sei bereits von Anfang an von der Verordnung erfasst.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Zum Hintergrund:
Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO 2 -Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung - Pkw-EnVKV)
§ 5 Werbung
(1) Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, haben sicherzustellen, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 gemacht werden.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für
1.in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial,
2.Werbung durch elektronische, magnetische oder optische Speichermedien;
hiervon ausgenommen sind Hörfunkdienste und audiovisuelle Mediendienste nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1). Die Angaben müssen nach Maßgabe der Abschnitte II und III der Anlage 4 erfolgen.
(3) Die Verpflichtungen der Hersteller nach § 3 Abs. 3 gelten entsprechend für Angaben, die erforderlich sind, um Werbeschriften, zur Verbreitung in elektronischer Form bestimmtes Werbematerial und elektronische, magnetische oder optische Speichermedien nach den Absätzen 1 und 2 zu erstellen.
Verfasserin der Pressemitteilung:
Richterin am Landgericht München I Dr. Anne-Kristin Fricke – Pressesprecherin -