Pressemitteilung 2 vom 20.01.2021
NetDoktor.de gegen gesund.bund.de und Google
Landgericht München I verhandelt zwei Anträge auf Erlass einer Einstweiligen Verfü-gung eines Online-Anbieters gegen Google und die Bundesrepublik Deutschland – Entscheidung am 05.02.2021 erwartet.
Die u.a. auf das Kartellrecht spezialisierte 37. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute in zwei einstweiligen Verfügungsverfahren gegen Google und die Bundesrepublik Deutschland über das Gesundheitsportal gesund.bund.de und dessen prominente Darstellung auf der Suchergebnisseite von Google mündlich verhandelt (Az. 37 O 15720/20, 37 O 15721/20).
Die Verfügungsklägerin betreibt seit ca. 20 Jahren das Online-Gesundheitsportal NetDoktor.de und begehrt die Unterlassung der konkreten Darstellung des Portals gesund.bund.de beim Suchergebnis von Google.
Das Gesundheitsportal gesund.bund.de wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verantwortet und ging am 01.09.2020 online. Es hat nach eigener Angabe die Versorgung der Bevölkerung mit vertrauenswürdigen, klar strukturierten Informationen zu Gesundheitsthemen in einfacher Sprache zum Ziel. Am 10.11.2020 gab es eine Pressekonferenz des Bundesministers für Gesundheit Spahn mit dem Google-Chef Deutschland, Philipp Justus. Hier wurde eine vom BMG so bezeichnete „Zusammenarbeit“ zwischen dem BMG und Google vorgestellt. Danach stellt das BMG eine offene Schnittstelle zur Verfügung, wodurch alle Suchmaschinenbetreiber – nicht nur Google – auf die Inhalte des Gesundheitsportals zugreifen können. Google nutzt die Inhalte, um damit Info-Boxen, sog. Knowledge Panels mit Kurzinformationen zu dem jeweiligen Gesundheitsthema, zum Beispiel Migräne (derzeit ca. 160 Krankheiten), zu befüllen. Am Ende der Box findet sich ein Link auf gesund.bund.de. Die generischen Suchergebnisse auf der Grundlage des Google-Algorithmus sind bei der Desktopansicht weiterhin auf der linken Seite sichtbar, rechts erscheint die Infobox. Auf mobilen Endgeräten erscheint zunächst die Infobox, für die Suchergebnisse muss heruntergescrollt werden.
Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Zusammenarbeit zwischen Google und dem BMG verstoße gegen das Wettbewerbs- und Kartellrecht, da sie privatwirtschaftliche Anbieter von Gesundheitsportalen - wie die Verfügungsklägerin - diskriminiere und wirtschaftlich schädige. Sie befürchtet u.a., dass durch die prominente Anzeige der Infoboxen Klicks auf gesund.bund.de umgeleitet werden. Während sie seit Jahren in die Verbesserung ihres Angebotes investiert habe und sich daher ein gutes Google-Ranking erarbeitet habe, verschaffe sich das BMG einen wettbewerbswidrigen Vorteil durch die Kooperation mit Google.
Die Verfügungsbeklagten bestreiten, dass es eine Vereinbarung gebe und dass die Verfügungsklägerin überhaupt einen Nachteil durch die Infoboxen habe. Google beruft sich darauf, die Infoboxen dienten der Verbesserung seines eigenen Geschäftsmodells. Das BMG beruft sich auf seinen Auftrag, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu verbessern.
Die 37. Zivilkammer wird ihre Entscheidung am 05.02.2021 um 11.30 Uhr verkünden.
Verfasserin der Pressemitteilung:
Richterin am Landgericht München I Dr. Anne-Kristin Fricke – Pressesprecherin -