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Landgericht Passau

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 14 vom 20.12.16

Urteil im Verfahren wegen versuchten Totschlags gegen 3 Minderjährige


Die Große Jugendkammer des Landgerichts Passau als Schwurgericht hat am 19.12.2016 drei minderjährige Angeklagte, denen versuchter Totschlag vorgeworfen wurde, wegen gefährlicher Körperverletzung zu unbedingten Jugendstrafen verurteilt.
Angeklagt waren drei zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alte afghanische Staatsangehörige.
Die drei Minderjährigen sollen sich im Juni 2016 am Donauufer vor dem Hotel „Rotel Inn“ aufgehalten haben. Dort soll sich eine verbale und körperliche Auseinandersetzung mit dem Geschädigten entwickelt haben, der die Angeklagten in seiner Eigenschaft als Hotelangestellter des Platzes verweisen wollte. Nachdem der Hotelangestellte im Rahmen der Auseinandersetzung einem der drei Angeklagten eine Ohrfeige versetzt haben soll, sollen die anderen beiden dergestalt zusammengewirkt haben, dass einer den Geschädigten umklammerte, der andere ihm gezielte Faustschläge, Kopfstöße und Fußtritte versetzte. Beide Angeklagte sollen von dem Geschädigten auch nicht abgelassen haben, als dieser am Boden zu liegen kam. Bei dieser Auseinandersetzung soll sich der Geschädigte zumindest Prellungen zugezogen haben. Nun soll auch der zunächst Geohrfeigte wieder in das Geschehen eingegriffen haben und dem am Boden liegenden Geschädigten frontal mit einer Bierflasche wuchtig auf den Kopf geschlagen haben, wodurch der Geschädigte sich insbesondere eine Platzwunde zugezogen haben soll.
Die Angeklagten sollen nun zunächst abgelassen haben, so dass der Geschädigte aufstehen konnte. Als der Geschädigte nun einen der Angeklagten am Weggehen hindern wollte, soll der am Anfang Geohrfeigte sich von hinten genähert haben und den Geschädigten eine Treppe hinunter in die damals 17 ° C kalte Donau gestoßen haben. Hierbei soll sich der Geschädigte einen offenen Bruch des linken Mittelfingers und einen knöchernen Ausriss des Außenbandes am rechten Sprunggelenk zugezogen haben. Die Angeklagten sollen sich dann entfernt haben. Der Geschädigte soll sich aus eigenen Kräften aus der Donau gerettet haben.
Die Staatsanwaltschaft war bei Anklageerhebung der Auffassung, der Angeklagte, der den Geschädigten gestoßen haben soll, hätte dabei zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Geschädigte ertrinken könnte. Die beiden anderen hätten erkannt, dass der Geschädigte durchaus hätte versterben können und hätten dies durch ihr Entfernen zumindest billigend in Kauf genommen, obwohl sie hätten helfen müssen.
Nach dem Schluss der Beweisaufnahme war die Staatsanwaltschaft vom Vorwurf des versuchten Totschlags abgerückt und hatte hinsichtlich aller Angeklagter eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und die Verhängung unbedingter Jugendstrafen beantragt.
Auch die Verteidiger hatten eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung beantragt. Aus ihrer Sicht sollte jedoch bei zwei der Angeklagten die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Hinsichtlich des anderen Angeklagten hatte der Verteidiger eine Jugendstrafe beantragt, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.
Die Große Jugendkammer des Landgerichts Passau als Schwurgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Einen Tötungsvorsatz hat das Gericht bei dem Stoß in die Donau und dem anschließenden Entfernen nicht bejaht.
Das Gericht hat alle Angeklagten zu unbedingten Jugendstrafen verurteilt. Gegen den Angeklagten, der den Geschädigten festgehalten haben soll, verhängte es eine Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, gegen den Angeklagten, der während des Festhaltens geschlagen haben soll, 1 Jahr und 9 Monate Jugendstrafe, gegen den Angeklagten, der dem Geschädigten mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen und diesen dann in die Donau gestoßen haben soll 2 Jahre und 6 Monate Jugendstrafe. Bei einer Jugendstrafe über 2 Jahren ist eine Aussetzung zur Bewährung generell nicht möglich. Aber auch die darunter liegenden Jugendstrafen hat das Gericht nicht zur Bewährung ausgesetzt, da es der Überzeugung war, dass der Vollzug der Jugendstrafen erzieherisch unbedingt notwendig ist. Eines der maßgeblichen Kriterien bei der Strafzumessung im Jugendstrafrecht ist der Erziehungsgedanke.
Die Hauptverhandlung und damit auch die Urteilsverkündung in diesem Verfahren waren wegen der Minderjährigkeit aller Angeklagter zum Tatzeitpunkt nicht öffentlich.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


Für die Pressestelle des Landgerichts
gez. RiLG Kristin Wendler