Menü

Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 57 vom 28.10.16

Strafverfahren gegen Regina K. wegen versuchten Mordes u.a.

In o.g. Verfahren hat die 1. Strafkammer (Schwurgericht) des Landgerichts München I heute das Urteil gesprochen.

Die Angeklagte wurde wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung in sieben Fällen, in zwei Fällen davon zugleich wegen schwerer Körperverletzung, sowie in vier Fällen zugleich wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Darüber hinaus wurde gegen die Angeklagte ein lebenslanges Berufsverbot für die Ausübung aller medizinischen Tätigkeiten mit der Berechtigung zur Substanzverabreichung ausgesprochen. Das Gericht hat außerdem festgestellt, dass die Adhäsionsanträge der beiden Adhäsionsklägerinnen dem Grunde nach berechtigt sind und die Angeklagte verpflichtet ist, auch künftige materielle und immaterielle Schäden der Adhäsionsklägerinnen aus den abgeurteilten Straftaten zu ersetzen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte während ihrer Tätigkeit als Hebamme im Krankenhaus Bad Soden und im Klinikum Großhadern in sechs Fällen Kaiserschnittpatientinnen vor dem jeweiligen Eingriff von ihr präparierte Infusionen mit Heparin in hoher Dosierung verabreichte bzw. vorbereitete Infusionen ohne Wissen des sonstigen Klinikpersonals durch Beigabe hoher Dosen von Heparin manipulierte, und auf diese Weise nach dem jeweils regelrecht verlaufenen Kaiserschnitt massive Blutungen bei den Patientinnen auslöste. In zwei Fällen musste den Patientinnen aufgrund dessen in einer Notoperation die Gebärmutter entfernt werden. In einem weiteren Fall im Krankenhaus Bad Soden verabreichte die Angeklagte nach den Feststellungen der Kammer einer schwangeren Patientin unerkannt und entgegen jede medizinische Indikation ein Medikament zur Behandlung bei Fehlgeburten oder Schwangerschaftsabbrüchen; infolge der dadurch entstandenen Komplikationen musste zur Lebensrettung von Mutter und Kind unverzüglich ein Kaiserschnitt durchgeführt werden. In sämtlichen sieben Fällen bestand nach den Feststellungen des Landgerichts für die Patientinnen konkrete bzw. abstrakte Lebensgefahr. Bei sämtlichen Taten verwirklichte die Angeklagte nach den Ausführungen des Gerichts die Mordmerkmale der Heimtücke und der sonstigen niedrigen Beweggründe.

Im Rahmen der Strafzumessung wertete das Gericht zugunsten der Angeklagten vor allem ihren bisher straffreien Lebenswandel, ihre besondere Haftempfindlichkeit aufgrund einer bestehenden Vorerkrankung sowie wegen der Bedrohungen von Mitangeklagten, und die erheblichen Folgen aus dem gegen sie verhängten lebenslangen Berufsverbot. Zum Nachteil der Angeklagten wirkten sich nach den Ausführungen des Vorsitzenden namentlich die massiven Tatfolgen für die Tatopfer und der Umstand aus, dass die Angeklagte ihre heilberufliche Tätigkeit gerade zur Begehung der Straftaten pervertierte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl der Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft steht hiergegen das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, die binnen einer Woche ab heute eingelegt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Titz
RiOLG bei dem OLG München
Leiterin der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München