Pressemitteilung 56 vom 19.04.2018
Revisionsverfahren gegen Evans I. wegen des Verdachts des illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet ("Freisinger Kirchenasyl")
Der 4. Strafsenat hat über eine Revision der Staatsanwaltschaft Landshut gegen ein Urteil des Amtsgerichts Freising vom 27.10.2017 zu befinden, mit dem ein nigerianischer Staatsangehöriger vom Vorwurf des illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet freigesprochen wurde. Dem Freispruch des Amtsgerichts Freising lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte reiste im November 2014 von Italien kommend in das Bundesgebiet. Ein von ihm gestellter Asylantrag wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Januar 2016 abgelehnt. Zugleich ordnete das BAMF die Abschiebung des Angeklagten nach Italien an. Der Angeklagte begab sich schließlich am 15. Juli 2016 in die Pfarrei St. Jakob in Freising und blieb dort im "Kirchenasyl" bis zum 19. Oktober 2016.
Die Aufnahme des Angeklagten im Kirchenasyl zeigte der Pfarrer von St. Jakob unverzüglich der Ausländerbehörde beim Landratsamt Freising und beim BAMF an. Damit hielt er sich an die Verfahrensabläufe, wie sie das BAMF mit der evangelischen und katholischen Kirche für Fälle des Kirchenasyls vereinbart hatte. Die Ausländerbehörde beim Landratsamt in Freising verzichtete in der Folgezeit entsprechend dieser Vereinbarung auf die Vollziehung des Abschiebebescheids.
Das Amtsgericht Freising hat den Angeklagten freigesprochen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts hätte aufgrund des Aufenthalts des Angeklagten im Kirchenasyl, welches ein inlandsbezogenes Abschiebehindernis sei, die Abschiebung des Angeklagten ausgesetzt und eine Duldung erteilt werden müssen.
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Landshut Revision eingelegt. Mit der Revision macht die Staatsanwaltschaft geltend, dass der Angeklagte über keinen Aufenthaltstitel verfügte. Die Abschiebung des Angeklagten sei allein mit Rücksicht auf seinen Aufenthalt in kirchlichen Räumen unterblieben. Die Vereinbarung zwischen dem BAMF und den beiden Kirchen ändere nichts daran, dass sich der Angeklagte illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe.
Die Staatsanwaltschaft begehrt die Aufhebung des Freispruchs und Rückverweisung des Verfahrens zur erneuten Verhandlung.
Der 4. Strafsenat hat Termine zur Verhandlung der Revision auf Donnerstag, den 26.04.2018, Donnerstag, den 03.05.2018 und auf Montag, den 14.05.2018 bestimmt. Insoweit wird auf den beigefügten Sitzungsaushang Bezug genommen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Gliwitzky
Richter am Oberlandesgericht
Leiter der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München