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Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 62 vom 20.12.2022

Strafverfahren gegen ... S. und ... Se. wegen des Verdachts des Mords

Die 1. Große Jugendkammer des Landgerichts München I unter dem Vorsitz von Stephan Kirchinger hat heute zwei Jugendliche wegen Totschlags und versuchtem Raub mit Todesfolge zu hohen Jugendstrafen verurteilt. Einer der Angeklagten wurde zu 8 Jahren Jugendstrafe, sein Mittäter zu 4 Jahren 9 Monaten verurteilt. Zudem wurde bei beiden Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Nach den Feststellungen des Gerichts hatten die beiden zum Tatzeitpunkt 16 bzw. 15 Jahre alten Angeklagten im Dezember 2021 vorgetäuscht, in der Nähe des Rosenheimer Platzes in München Marihuana von dem später Getöteten zu kaufen. Während die Angeklagten versucht hätten, dem Geschädigten ein Tütchen mit 10 Gramm Marihuana zu entreißen, sei es zu einem Handgemenge gekommen. Dabei habe einer der Angeklagten – mit Kenntnis und Billigung des Mitangeklagten – dem Geschädigten mit einem Messer zwei Mal in den Oberkörper gestochen. Die Angeklagten hätten dabei mit Tötungsvorsatz gehandelt. Der Geschädigte verstarb am nächsten Morgen trotz Notoperation an einem hämorraghischen Schock. Das Mordmerkmal der Habgier lehnte die Jugendkammer vor dem Hintergrund der Angaben des Haupttäters, er habe nur noch vom Tatort fliehen wollen, als er das Messer eingesetzt habe, ab.

Im Rahmen der Strafzumessung führte der Vorsitzende Richter aus, dass bei dem Haupttäter nur eine Jugendstrafe in Betracht gekommen sei. Der Angeklagte habe sich kalt und gefühllos gezeigt. Selbst in der Untersuchungshaft habe der Angeklagte noch "Psychospielchen“ betrieben. Es habe sich ein kaum zu bewältigender Erziehungsbedarf gezeigt. Wenn man nicht mit einem Menschen zu tun hätte, müsste man die Festplatte neu formatieren. Dem großen Erziehungsdefizit des Angeklagten stünden nur begrenzte intellektuelle Fähigkeiten entgegen. Dem Angeklagten mangele es an dem, was andere aufgrund ihres Charakters mitbrächten. Der sehr hohe Erziehungsbedarf führe zu der vergleichsweise hohen Jugendstrafe.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Laurent Lafleur
Richter am Oberlandesgericht
Stellvertretender Pressesprecher