Pressemitteilung 11 vom 14.02.2023
Strafverfahren gegen Nael A. u.a. wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland
Am 54. Verhandlungstag verkündete der 9. Strafsenat des OLG München (Staatsschutzsenat) das Urteil in der seit April 2021 laufenden Hauptverhandlung. Die vier Angeklagten wurden wegen der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung im Ausland schuldig gesprochen und zu Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren 3 Monaten verurteilt. Dabei wurden teilweise Strafen aus früheren Verurteilungen einbezogen.
Der Staatsschutzsenat sah es nach einer äußerst langwierigen und umfangreichen Beweisaufnahme als erwiesen an, dass die Angeklagten gemeinsam für die militärische Verwendung bestimmte Gegenstände anschafften und sodann aus Deutschland an die Gruppe Ahrar al-Sham nach Syrien verbrachten. Darunter befanden sich Bauteile für Drohnen, Nachtsichtgeräte, Zielfernrohre und Funkscanner sowie Internetrouter. Waffen befanden sich unter den gelieferten Gegenständen nicht.
Der Vorsitzende Richter Christoph Wiesner äußerte zu Beginn sein Bedauern darüber, dass eine vom Gericht vorgeschlagene Verständigung nur mit drei der ursprünglich sechs Angeklagten erreicht werden konnte. Angesichts der bereits in einem Vorverfahren erfolgten Klärung der entscheidenden Rechtsfragen und der aus Sicht des Senats eindeutigen Beweislage habe sich eine – für ein Staatsschutzverfahren eher ungewöhnliche – Lösung über eine Verständigung angeboten.
Der Senat hat bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass das Ziel und die Motivation der Angeklagten – der Sturz des verbrecherischen Assad-Regimes – nachvollziehbar seien. Allerdings hätten die Angeklagten zur Erreichung dieses Ziels zu Mitteln gegriffen, die nicht zu billigen seien und in einem Rechtsstaat unter Strafe stünden.
Bei der Ahrar al-Sham handele es sich um eine terroristische Vereinigung im Ausland. Es handele sich um eine Fraktion im syrischen Bürgerkrieg, die sich zum Ziel gesetzt habe, unter lnkaufnahme auch ziviler Opfer die Regierung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad zu stürzen. Das militärische Vorgehen der Ahrar al-Sham beinhalte auch die Tötung und Ermordung von – auch militärischen – Gegnern. Das Agieren der Vereinigung sei völkerrechtlich nicht gerechtfertigt; das sog. Kombattantenprivileg gelte für die Gruppe nicht. Darüber hinaus würde das Kombattantenprivileg für Taten wie etwa unterschiedslos ausgeführte Angriffe der Ahrar al-Sahm auf bewohnte Siedlungsgebiete ohnehin nicht greifen. Die Angeklagten hätten auch nicht in einem Verbotsirrtum gehandelt. Sie hätten – so der Vorsitzende Richter – das Unrecht ihrer Taten erkannt, und hätten lediglich die rechtliche Bewertung ihrer Taten nicht anerkannt.
Für die Ahrar al-Sham bestehe auch die erforderliche Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz.
Aufgrund der erheblichen Verfahrensdauer hat der Senat festgestellt, dass jeweils vier Monate der verhängten Strafen als bereits verbüßt gelten. Der Senat ordnete zudem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von rund 8.500 € an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft München steht jeweils das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Für Rückfragen stehen wir jederzeit sehr gerne zur Verfügung.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht