Pressemitteilung 19 vom 28.03.2023
Strafverfahren gegen Rupert S. u.a. („AUDI“)
Das Gericht hat im Rahmen des heutigen 161. Verhandlungstags einen umfangreichen rechtlichen Hinweis erteilt.
1. Der Hinweis bezieht sich zunächst in tatsächlicher Hinsicht auf die Einordnung von bestimmten Motorentypen samt Motorsteuerungssoftware (sog. Gen1 EU6-Vorerfüller). Das Gericht sieht hierin nach vorläufiger rechtlicher Beurteilung eine unzulässige Abschalteinrichtung.
Das Gericht gehe derzeit davon aus, dass die Angeklagten Dr. L., P. und H. die Ausgestaltung der Software veranlasst haben. Dabei hätten sie zumindest die Möglichkeit erkannt und hingenommen, dass Fahrzeuge mit einer Software zur Steuerung des Emissionskontrollsystems unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Union ausgestattet würden.
Nach derzeitigem Stand enthielten auch die späteren Motoren in den USA
und in Deutschland unzulässige Abschalteinrichtungen.
2. Das Gericht hat den Angeklagten S. darauf hingewiesen, dass eine für
die Strafbarkeit wegen Betruges durch Unterlassen erforderliche sog.
Garantenstellung für ihn aus mehreren Gründen in Betracht komme.
3. Das Gericht hat ferner dargelegt, dass es erwägt, mehrere Teile der angeklagten Tat gem. § 154a Abs. 2 StPO von der weiteren Strafverfolgung auszunehmen, weil sie neben der Strafe, die die Angeklagten zu erwarten hätten, nicht beträchtlich ins Gewicht fielen.
Darunter fallen insbesondere folgende Tatvorwürfe:
- mittelbare Falschbeurkundung gem. § 271 StGB und Strafbare Werbung gem. § 16 UWG.
- Tatvorwurf des Betrugs gem. § 263 StGB hinsichtlich aller Fahrzeuge, die NICHT in den USA oder Deutschland verkauft wurden.
- Tatvorwurf des Betrugs gem. § 263 StGB in Hinblick auf die Angeklagten P., Dr. L. und H. betreffend die Fahrzeuge, die ab dem 20.11.2015 verkauft wurden
- sowie weitere Tatbestände.
Voraussetzung für eine entsprechende Einstellung ist die Zustimmung der
Staatsanwaltschaft.
4. Die Kammer wies hinsichtlich der Rechtsfolgen auf folgende Gesichtspunkte hin:
- Im Hinblick auf den Angeklagten Dr. L. komme nunmehr eine Einstellung des Verfahrens gem. § 153a Abs. 2 StPO in Betracht. Die Staatsanwaltschaft hat dieser Anregung noch in der Hauptverhandlung zugestimmt. Zusätzlich ist aber auch die Zustimmung des Angeklagten erforderlich.
- Im Hinblick auf die Angeklagten P., H. und S.
komme eine Bewährungsstrafe jeweils bei einem vollumfänglichen Geständnis auch
in diesem Verfahrensstadium noch in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht