Menü

Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 34 vom 19.06.2023

Landgericht München I in dem Strafverfahren gegen Aleksandar S. wegen Subventionsbetrugs „Corona-Überbrückungshilfen“

Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts München I hat mit Urteil vom 14.06.2023 einen 37jährigen Steuerfachwirt wegen Subventionsbetrugs in zwei Fällen sowie wegen Fälschung beweiserheblicher Daten schuldig gesprochen und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten verhängt. Zudem hat das Gericht die Einziehung von 1.521.376,89 € bei dem Angeklagten angeordnet.

Nach den Feststellungen der Kammer arbeitete der Angeklagte während der Corona-Pandemie in einer Steuerberaterkanzlei. Eine seiner Aufgaben dort sei die Bearbeitung von Anträgen auf Zahlung sog. Überbrückungshilfen gewesen. Bei diesen sogenannten Überbrückungshilfen handelte es sich um Beihilfen des Bundes, die dazu dienten, mittleren und kleinen Unternehmen, deren wirtschaftliche Tätigkeit im Förderzeitraum corona-bedingt eingeschränkt war, eine Liquiditätshilfe zu gewähren. Die Überbrückungshilfen mussten grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden.

Der Angeklagte habe im Jahr 2021 die allgemeine gesellschaftliche Notlage während der Pandemie und das Instrument der Überbrückungshilfen zur eigenen Gewinnerzielung ausgenutzt. Hierzu habe er in dieser Zeit sehr gefragte Hygiene-Luftreinigungsgeräte günstig angekauft und diese dann zu überhöhten Preisen mit einem extremen Gewinnaufschlag an Mandanten der Steuerberaterkanzlei weiterverkauft. Dabei sei es ihm darauf angekommen, dass der Ankauf der Geräte im Rahmen der Überbrückungshilfen vom Staat gefördert wurde. Der Angeklagte habe einerseits selbst Geräte an Mandanten verkauft und andererseits als steuerlicher Berater die von den Mandanten gezahlten – überhöhten – Kaufpreise in Überbrückungshilfeanträgen geltend gemacht und habe so seine eigenen Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit vom Staat finanzieren lassen. Tatsächlich seien die Geräte nicht zu den in den Anträgen angegebenen Zeitpunkten geliefert worden und es sei zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass die Preise völlig überteuert und der Angeklagte selbst der Verkäufer gewesen sei.

In einem Fall seien bei dieser Konstruktion insgesamt 1.328.000 €, in einem zweiten Fall 335.150 € an Überbrückungshilfen ausgezahlt worden, wobei der Angeklagte hiervon 1.521.376,89 € erlangt habe.

Bei der Strafzumessung hat die Kammer unter Vorsitz von Petra Wittmann insbesondere den hohen Schaden sowie die erhebliche kriminelle Energie des Angeklagten berücksichtigt, die dieser bei Begehung der Taten aufgewendet habe. Entscheidend zu Lasten des Angeklagten wertete das Gericht das Ausnutzen der Notlage in der Pandemie. Gerade in dieser Phase – so die Vorsitzende Richterin – sei Solidarität gefragt gewesen. Aus generalpräventiven Erwägungen sei die Strafe daher entsprechend erhöht worden. Das Gericht warf dabei die Frage auf, wie viele Krankenhausbetten mit den vom Angeklagten zu Unrecht vereinnahmten Mitteln hätten finanziert werden können.

Zugunsten des Angeklagten wurde sein umfassendes Geständnis sowie die darüber hinaus gehend geleistete Aufklärungshilfe gewertet. Aufgrund der umfangreichen Angaben des Angeklagten noch vor Beginn der Hauptverhandlung konnten Verfahren gegen weitere Beschuldigte, insbesondere Mitwisser aus den beteiligten Unternehmen, eingeleitet werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte können binnen einer Woche ab Verkündung des Urteils das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

 

Dr. Alexander Strafner
Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht