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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 73 vom 15.12.2023

Landgericht München I Strafverfahren gegen Andrea T. u.a. wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung („Maske“)

Die 6. Große Strafkammer des Landgerichts München I hat die Angeklagte Andrea T. heute wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu Freiheitsstrafen von 4 Jahren 5 Monaten und den Angeklagten Darius N. wegen Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu 3 Jahren 9 Monaten verurteilt.

Nach der Überzeugung der Kammer hatte die Angeklagte Andrea T. zu Beginn der Covid-19-Pandemie durch die Vermittlung des Verkaufs von Masken eines schweizerischen Unternehmens an Landes- und Bundesministerien in Deutschland Provisionen im zweistelligen Millionenbetrag verdient. Einen Teil der Einkünfte hatte sie mit Unterstützung des Angeklagten Darius N. als Einkünfte einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts deklariert, um im Rahmen einer Umwandlung dieser Gesellschaft in eine GmbH diese Einkünfte im Rahmen der Körperschaftssteuer zu versteuern. Tatsächlich seien dies aber jedenfalls bis zum 27.03.2020 ihre eigenen Einkünfte gewesen, die dementsprechend mit dem – deutlich höheren – persönlichen Einkommensteuersatz hätten versteuert werden müssen. Hierdurch habe sie Steuern in der Höhe von 3,7 Millionen Euro hinterzogen.

Als zweiter Tatkomplex wurde ein Gewerbesteuerbetrug abgeurteilt. Die Angeklagten hätten vorgetäuscht, ihr gemeinsames Unternehmen, das der Vermittlung von Maskengeschäften diente, in Grünwald zu betreiben. Tatsächlich sei das Gewerbe aber aus München betrieben worden. In München fallen deutlich höhere Gewerbesteuern als in Grünwald an. Hier habe der Hinterziehungsbetrag insgesamt 8,1 Millionen Euro betragen. Dabei sei ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von 4,1 Millionen Euro entstanden.

Die Angeklagten hatten den Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt und hatten sich auf Anregung des Gerichts während der Hauptverhandlung mit den Finanzbehörden auf die vollständige Begleichung sämtlicher Steuerschulden geeinigt. Unter Berücksichtigung dieser erfolgten steuerlichen Klärung erfolgte eine Verständigung des Gerichts mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft. In diesem Zusammenhang wurde der Verfahrensstoff auf die beiden abgeurteilten Tatkomplexe konzentriert.

Das Gericht stellte klar, dass die Maskengeschäfte nicht per se strafbar gewesen seien. Auch wenn der erzielte Gewinn in der Moralvorstellung Einiger fragwürdig sein möge, hätten die Angeklagten insoweit einen Markt bedient und dabei ein sehr gutes, aber nicht verbotenes Geschäft gemacht.

Die Vorsitzende Richterin Dr. Andrea Wagner wies allerdings auch darauf hin, dass das die vermeintlich edle Gesinnung, mit den Maskenlieferungen Leben zu retten, die Straftat der Steuerhinterziehung selbstverständlich nicht rechtfertigen könne.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

Die beiden Angeklagten befanden sich seit rund 11 Monaten in Untersuchungshaft. Im Anschluss an die Urteilsverkündung setzt die Kammer die Haftbefehle gegen Auflagen außer Vollzug. Nachdem die beiden Angeklagten umfassend gestanden hatten und ihre Steuerschuld vollständig beglichen haben sei die Fluchtgefahr so reduziert, dass ihr mit Auflagen begegnet werden könne.

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht