Pressemitteilung 12 vom 23.02.2024
Landgericht München II Strafverfahren gegen Olena K. (52 Jahre) wegen des Verdachts des Mordes
Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts München II hat heute die Angeklagte Olena K. wegen Mordes und versuchtem Totschlag zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach den Feststellungen des Schwurgerichts unter dem Vorsitz von Thomas Bott war die Angeklagte im März 2022 vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Der Geschädigte nahm die Angeklagte, die er aus einer früheren Beziehung kannte, bei sich auf. Während der Geschädigte davon ausging, dass die Angeklagte seine Wohnung nach einer überschaubaren Zeit wieder verlassen werde, hatte die Angeklagte nur zögerliche Bemühungen zur Wohnungssuche unternommen und glaubte auch nach rund zehn Monaten noch weiter verbleiben zu können. Als der Geschädigte sich im Dezember 2022 verlobte, wurde für ihn die Wohnsituation mit der Geschädigten unerträglich. Am Vorabend der Tat kam es zu einem Streit, bei dem die Angeklagte das Auto der Verlobten des Geschädigten zerkratzte. Am 05.02.2023 bat der Geschädigte daher seine geschiedene Ehefrau und seinen Sohn darum, mit der Angeklagten zu sprechen und diese davon zu überzeugen, die Wohnung zu verlassen. Nachdem die Angeklagte, die sich nicht aus der Wohnung verweisen lassen wollte, alle beleidigte und dem Sohn des Geschädigten in das Gesicht griff, kam auch der neue Ehemann der geschiedenen Ehefrau des Geschädigten hinzu. Die Angeklagte wollte diesen nun mit einem Teller schlagen, was der Geschädigte aber verhindern konnte. Daraufhin zog die Angeklagte plötzlich ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 16 cm und stach dem Geschädigten mindestens vier Mal mit direktem Tötungsvorsatz in Richtung des Oberkörperkörpers, wobei zwei Stiche trafen und zwei vom Opfer mit dem linken Arm und dem linken Bein abgewehrt wurden, dort aber tiefe Stichwunden hinterließen. Anschließend führte sie noch einen Stich in Richtung des Oberbauches des neuen Ehemannes der geschiedenen Ehefrau aus und nahm dabei billigend in Kauf, diesen zu töten. Dieser konnte den Angriff aber abwehren und die Angeklagte packen und überwältigen. Trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen und notärztlicher Versorgung verstarb der Geschädigte noch in seiner Wohnung. Die Angeklagte war bei der Begehung der Tat voll schuldfähig.
Das Gericht stützte seine Feststellungen vor allem auf die Aussagen der überlebenden Familienangehörigen des Getöteten, des neuen Ehemannes der Ex-Ehefrau des Getöteten und die Feststellungen von zwei rechtsmedizinischen Sachverständigen. Den Einwand der Verteidigung, die Angeklagte habe den Geschädigten nicht erkannt, wies der Vorsitzende unter Berufung auf eine augenärztliche Sachverständige und aufgrund des Umstandes, dass sie ihn zusätzlich auch an seiner Stimme erkannt habe, als unglaubhaft zurück.
Die Kammer wertete die Tat zu Lasten des getöteten Wohnungsinhabers als Mord aus niedrigen Beweggründen. Die Angeklagte habe aus Verärgerung und Rache darüber gehandelt, dass der Verletzte Hilfe gesucht hatte, um die Angeklagte aus seiner Wohnung zu bekommen. Die Angeklagte – so der Vorsitzende Thomas Bott – habe sich damit zur Tötung entschlossen, weil sie ihr egoistisches Interesse auf Bewahrung der rechtswidrigen Wohnsituation dem Lebensrecht des Verletzten übergeordnet habe. Das Interesse des Geschädigten daran, seine Wohnung nutzen zu können, habe sie grob missachtet. Das stelle ein unerträgliches Missverhältnis zwischen Anlass und Tat und eine allein an den eigenen Bedürfnissen ausgerichtete, besonders krasse Rücksichtslosigkeit dar. Die Tat zu Lasten des weiteren Geschädigten wertete das Schwurgericht als versuchten Totschlag.
Das Gericht verhängte die vom Gesetz für einen vollendeten Mord vorgesehene Strafe: die lebenslange Freiheitsstrafe.
Die Angeklagte störte die Hauptverhandlung so massiv, dass Sie nach Verkündung des Tenors aus dem Sitzungssaal entfernt werden musste.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht