Menü

Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 46 vom 25.07.2024

Landgericht München II Sicherungsverfahren gegen Alexander L. (22 Jahre) wegen des Verdachts des versuchten Totschlags

Das Schwurgericht des Landgerichts München II hat mit Urteil vom 24.07.2024 nach viertägiger Hauptverhandlung die Unterbringung des Beschuldigten Alexander L. in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Nach den Feststellungen der Kammer unter dem Vorsitz von Thomas Bott versuchte der Beschuldigte in seinem Garten ein Feuer mit „Hexenkräutern“ zu entfachen. Daraus resultierte ein Streit mit seiner Mutter, bei dem der Beschuldigte mit einem Luftgewehr mit Spitzdiabolo-Munition um sich schoss. Die Mutter alarmierte daraufhin die Polizei. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem der Beschuldigte gezielte Schüsse auf Kopf und Oberkörper der eintreffenden Polizeibeamten abgab, wobei ein Polizist mehrfach an Helm und Schutzweste getroffen wurde. Daraufhin wurde der Einsatz dem Spezialeinsatzkommando (SEK) übertragen, das den Beschuldigten schließlich überwältigen konnte. Auch auf das SEK schoss der Beschuldigte noch gezielt mit seinem Luftgewehr, wodurch zwei Beamte am Arm und im Gesicht verletzt wurden.

Die Kammer ging im Ergebnis nicht von einem Tötungsvorsatz des Beschuldigten aus. Bei einem frei verkäuflichen waffenscheinfreien Luftgewehr gehe ein Durchschnittsmensch nicht davon aus, dass dieses tödliche Verletzungen hervorrufen könne. Jedoch bestehe bei den Schüssen gegen den Kopf eine erhebliche Gefahr des Verlustes des Augenlichts, sodass die Tat rechtlich unter anderem als versuchte schwere Körperverletzung zu werten sei.

Der Beschuldigte machte keine Angaben zum Tatvorwurf. Die Kammer stützte sich daher vor allem auf die Angaben der Zeugen und die Ausführungen der Sachverständigen.

Der Beschuldigte war bei Begehung der Taten schuldunfähig. Nach Einschätzung des sachverständig beratenen Gerichts leidet der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie, die seine Einsichtsfähigkeit, also die Fähigkeit, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, zum Zeitpunkt der Taten aufhob. Ohne Behandlung bestehe auch die erhebliche Gefahr der Begehung ähnlich gelagerter schwerer Gewalttaten. Die Kammer ordnete daher die – grundsätzlich zeitlich unbefristete – Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München II steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.


Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht