Pressemitteilung 60 vom 27.09.2024
Landgericht München I: Strafverfahren gegen Johannes M. wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung u.a.
Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts München I hat heute den Angeklagten Johannes M. wegen der mitgliedschaftlichen Betätigung in einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer und einer Vielzahl anderer Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren 10 Monaten verurteilt.
Die Kammer unter dem Vorsitz von Norbert Riedmann folgte dabei weitgehend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München – Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET). Der Angeklagte lehne die Staatlichkeit Deutschlands ab und sei Anhänger einer kruden Mischung von Verschwörungstheorien, die sich an Elementen der sog. QAnon-Bewegung und der Reichsbürgerszene orientiere. Der Angeklagte habe ab dem Jahr 2021 einen Telegram-Kanal betrieben, dem sich zahlreiche Abonnenten angeschlossen hätten. In dem Kanal habe der Angeklagte regelmäßig von aus seiner verqueren Sicht unzulässigen behördlichen Handlungen berichtet und habe die Leser des Kanals aufgefordert, entsprechende Behörden zu „bombardieren“ und mit Telefonaten sowie Mails „kaltzustellen“. Nach den Feststellungen des Gerichts wurden Mitarbeiter bedroht, beleidigt und wurden Opfer von versuchten Nötigungen. Auch der Angeklagte selbst habe in Telefonanrufen Mitarbeiter von Behörden, aber auch von Arztpraxen mit unflätigen Ausdrücken beleidigt. Die zahlreichen Anrufe der Follower des Kanals hätten zu erheblichen Einschränkungen geführt. Manche Behörden seien über mehrere Tage geschlossen gewesen. Einige Betroffene hätten aufgrund der Handlungen des Angeklagten erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten. So sei die kriminalpolizeiliche Hauptsachbearbeiterin in dem Verfahren seit Januar 2023 aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung krankgeschrieben.
Die Kammer folgte den Vertreterinnen der Generalstaatsanwaltschaft München – ZET – Charlotte Ruf und Stefanie Weber in der Einordnung des Betriebs des Telegram-Kanals als Betätigung in einer kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB. Die Einrichtung des Kanals habe auf einer weltverschwörerischen Weltanschauung beruht und habe die Möglichkeit für die Mitglieder eröffnet, sich aktiv zu beteiligen. Zweck dieser Vereinigung sei die Begehung von Straftaten zu Lasten von Mitarbeitern von Behörden gewesen. Der Angeklagte sei als Rädelsführer tätig gewesen und habe den Kanal auch genutzt, um öffentlich zu Straftaten aufzufordern.
Zu Lasten des Angeklagten wertete die Kammer seine Vorstrafen. Auch die zahlreichen tateinheitlich verwirklichten Delikte wurden strafschärfend berücksichtigt.
Nachdem Zuhörer, die zur Unterstützung des Angeklagten angereist waren, trotz mehrfacher Ermahnung des Vorsitzenden die Verhandlung während der mündlichen Urteilsbegründung vielfach störten, wurden sie schließlich des Saales verwiesen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft München steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht