Pressemitteilung 63 vom 04.10.2024
Landgericht München I: Strafverfahren gegen Wahidullah H. (20 Jahre) wegen des Verdachts der Vergewaltigung
Die Große Jugendkammer des Landgerichts München I hat heute den Angeklagten wegen Vergewaltigung und Diebstahl zu einer Jugendstrafe von 4 Jahren verurteilt. Das Gericht entsprach damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft München I. Die Verteidigerin des Angeklagten hatte dagegen nur eine Verurteilung wegen Diebstahls beantragt.
Die Kammer unter dem Vorsitz von Michael Schönauer hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Im August 2023 habe sich der spätere Geschädigte gegen 02.00 Uhr morgens schwer alkoholisiert im Untergeschoss der U-Bahnhaltestelle Max-Weber-Platz aufgehalten. Der Angeklagte habe diesen Umstand ausgenutzt und habe zunächst Massagehandlungen am Geschädigten vorgenommen, bevor er diesem sodann die Hose heruntergezogen und ihn anal vergewaltigt habe. Das Geschehen habe insgesamt rund 36 Minuten gedauert. Im Laufe der Tatbegehung habe der Angeklagte noch das Mobiltelefon des Geschädigten entwendet.
Der Geschädigte sei trotz eines alkoholbedingten „hypnotischen Zustands“ noch in der Lage gewesen, einen Willen zu bilden, der den Handlungen des Angeklagten entgegengestanden habe. Er sei aber nicht mehr in der Lage gewesen, sich gegen den Angeklagten zu wehren. Der Angeklagte habe erkannt, dass der Geschädigte die sexuellen Handlungen nicht gewollt habe und sich nicht mehr habe zur Wehr setzen können. Auch sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er mitten in der Nacht nicht damit rechnen musste, bei seiner Tat gestört zu werden.
Der spätere Geschädigte habe sich schwer alkoholisiert an der U-Bahnhaltestelle Max-Weber-Platz aufgehalten. Der Angeklagte sei voll schuldfähig gewesen.
Der Angeklagte hatte während des Prozesses geschwiegen. Zentrales Beweismittel seien die Videoaufzeichnungen aus der U-Bahnhaltestelle gewesen. Es seien zwar nicht alle Handlungen detailliert auf der Aufzeichnung zu sehen, diese seien aber durch die glaubhaften Angaben des Geschädigten bestätigt und ergänzt worden. Die Kammer stützte sich zudem auf ein DNA-Gutachten sowie das Gutachten des Sachverständigen des Instituts für Rechtsmedizin.
Die Kammer wendete auf den zur Tatzeit 19-jährigen Angeklagten Jugendstrafrecht an. Der Angeklagte habe nämlich nicht ausschließbar noch einem Jugendlichen gleichgestanden. Wesentliche Entwicklungsschritte in der Alltagsbewältigung seien von dem Angeklagten noch nicht vollzogen worden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte von jugendstrafrechtlichen Sanktionen pädagogisch noch erreichbar sei.
Aufgrund der Schwere der Schuld war eine Jugendstrafe von vier Jahren zu verhängen.
Zuletzt ordnete das Gericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht