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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 64 vom 09.10.2024

Landgericht München I Strafverfahren gegen Eduard V., Maxim I., Galina F. wegen des Verdachts der Geldwäsche u.a.

Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts München I – Wirtschaftsstrafkammer – hat heute die drei Angeklagten wegen Geldwäsche, mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Ausland, unerlaubtem Erbringen von Zahlungsdienstleistungen, banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung und anderer Straftaten zu Freiheitsstrafen von 7 Jahren, 4 Jahren 9 Monaten und 1 Jahr 9 Monaten verurteilt. 

Die Wirtschaftsstrafkammer unter dem Vorsitz von Petra Wittmann stellte dabei folgenden Sachverhalt fest. Die Angeklagten Eduard V. und Maxim I. waren Gesellschafter und Geschäftsführer von zwei in München ansässigen Unternehmen. Die Angeklagte Galina F. arbeitete als Buchhalterin einer Steuerkanzlei, die für beide Unternehmen tätig war.

Spätestens ab dem Jahr 2018 hatten sich die Angeklagten V. und I. mit anderen Beteiligten zu einer Organisation zusammengeschlossen, die erhebliche Geldbeträge in Russland einsammelte und über zwei in  Zypern ansässige Firmen an die beiden in München ansässigen Unternehmen weiterzuleiten. Ziel dieser Organisation war es – so die Vorsitzende Richterin Petra Wittmann – ein Schattenfinanzsystem außerhalb jeder staatlichen Kontrolle zu errichten. Keines der beteiligten Unternehmen hatte eine behördliche Erlaubnis zur Erbringung von Finanzdienstleistungen. Mit Hilfe der Organisation wurden russische Zahlungsbeschränkungen und zollrechtliche Bestimmungen umgangen, zugleich wurde die Herkunft der Gelder verschleiert. Hierzu wurde eine Papierlage geschaffen, wonach Warenlieferungen und Transportdienstleistungen von den beiden Münchner Firmen erbracht worden seien, die es tatsächlich nie gab, weil die beiden Unternehmen gar keinen eigenen Geschäftsbetrieb für derartige Leistungen hatten. Von den deutschen Unternehmen wurden die Gelder dann nach Weisung der Organisation an weitere Firmen u.a. in Panama, Ecuador und den USA weiterverteilt. Während der Angeklagte V. die Gelder entgegennahm und weiterverteilte, hatte der Angeklagte I. eine kontrollierende und koordinierende Funktion inne. Insgesamt wurde eine Summe von 33 Mio. € über das System verteilt. Die Geldströme wurden mit insgesamt 238 Scheinrechnungen begleitet, in deren Erstellung auch die Angeklagte F. eingebunden war.

Zusätzlich täuschten die Angeklagten V. und I. die deutschen Steuerbehörden über die umsatzsteuerrechtlichen Grundlagen. Daneben fälschten die Angeklagten Ausweisdokumente, um mit erfundenen Personalien eine Meldebestätigung zu erlangen, ein weiteres Unternehmen zu gründen und Konten zu eröffnen. Der Angeklagte V. hatte zuletzt noch während der COVID-19-Pandemie für das Unternehmen ohne Geschäftsbetrieb noch Corona-Soforthilfen beantragt und erhalten.

Die Kammer konnte sich bei der Beweiswürdigung auf Geständnisse der Angeklagten stützen, die von der an insgesamt 22 Tagen durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt wurden. Dabei wurden zahlreiche Kontounterlagen und weitere Urkunden, aber auch abgehörte Telefonate und ein umfangreicher Mail-Verkehr ausgewertet.

In rechtlicher Hinsicht wertete das Gericht das Verhalten der Angeklagten insbesondere als Geldwäsche. Die für die Strafbarkeit wegen Geldwäsche erforderliche Vortat ergibt sich jedenfalls aus dem unerlaubten Erbringen von Finanzdiensten durch die zypriotischen Firmen. Die Kammer ordnete die Gruppierung zudem als kriminelle Vereinigung im Ausland ein. Die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung ist bereits für sich genommen eine Straftat.

Bei der Strafzumessung wertete die Kammer vor allem die erhebliche kriminelle Energie insbesondere der Angeklagten V. und I. Dem Gericht sei klar – so Petra Wittmann – dass Gegenstand des Verfahrens nur die Spitze eines Eisbergs gewesen sei. Die Angeklagten hätten in großem Stil Gelder am Staat vorbei geschleust.

Bei zwei Angeklagten berücksichtigte die Kammer jeweils ein umfangreiches Geständnis. Die Vorsitzende widersprach der Darstellung der Verteidigung, dass es zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gekommen sei. Die erhebliche Verfahrensdauer sei vielmehr der großen Komplexität des Verfahrens geschuldet. Es wurden zahlreiche Zeugen vernommen; unter anderem mussten Auslandszeugen per Video vernommen werden.

Die Kammer ordnete die Einziehung von Wertersatz gegen eines der genutzten Unternehmen in Höhe von rund 30 Mio € an. Bei den einzelnen Angeklagten ordnete das Gericht die Einziehung in Höhe von 31.000 € bis 1,3 Mio € an.

Der (außer Vollzug gesetzte) Haftbefehl gegen die Angeklagte F. wurde aufgehoben, für die beiden anderen Angeklagten ordnete die Kammer die Fortdauer der seit 2022 bestehenden Untersuchungshaft an.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

 

Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht