Pressemitteilung 69 vom 23.10.2024
Landgericht München I: Strafverfahren gegen Karl-Heinz B. (76 Jahre) wegen des Verdachts des versuchten Mordes
Das Landgericht München I – Schwurgericht – hat gestern den Angeklagten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren 9 Monaten verurteilt.
Nach den Feststellungen der 1. Großen Strafkammer unter dem Vorsitz von Elisabeth Ehrl hatte der Angeklagte nach einem zunächst verbalen Streit in einem Männerwohnheim am darauffolgenden Tat insgesamt fünf Mal in den Rücken eines 71-jährigen Mitbewohner eingestochen, um diesen zu töten. Der Mitbewohner wurde durch die Stiche lebensgefährlich verletzt, konnte aber durch eine Notfalloperation gerettet werden.
Die Kammer ging von einem heimtückisch begangenen Mordversuch aus, da der Geschädigte nicht ansatzweise damit rechnete, von dem Angeklagten hinterrücks angegriffen zu werden. Niedrige Beweggründe als weiteres in Betracht kommendes Mordmerkmal lehnte das Gericht dagegen ab, weil der Geschädigte den Angeklagten über den Zeitraum von fast einem Jahr immer wieder harsch, beleidigend und vorwurfsvoll zurechtgewiesen hatte, was dieser aufgrund körperlicher und sprachlicher Einschränkungen bislang unkommentiert hingenommen hatte.
Bei der Strafzumessung berücksichtige das Schwurgericht insbesondere die außergewöhnlichen Vorstrafen: Der Angeklagte wurde wegen eines vollendeten Mordes an seiner damaligen Lebensgefährtin im Jahr 1972 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zusätzlich wurde er für eine während des Strafvollzugs begangene Tat zu weiteren 3 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und verblieb durchgängig bis zum Jahr 2012 im Gefängnis. Nach einem Widerruf der zur Bewährung ausgesetzten lebenslangen Freiheitsstrafe verbrachte der Angeklagte von 2016 bis 2018 noch zwei weitere Jahre im Strafvollzug.
Im Hinblick auf das Alter und den schlechten Gesundheitszustand sah das von einem psychiatrischen Sachverständigen beratene Gericht unter Berücksichtigung der nunmehr verhängten Strafe keine Gefahr mehr, dass der Angeklagte nach Verbüßung seiner Strafe erneute schwere Straftaten begehen könnte. Der Angeklagte hat voraussichtlich nicht mehr lange zu leben.
Das Schwurgericht ordnete die Fortdauer der Untersuchungshaft an.
Das
Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft
München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das
binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht