Pressemitteilung 18 vom 07.03.2025
Landgericht München II Strafverfahren gegen Iouri J. (58 Jahre) wegen des Verdachts des Mordes
Das Schwurgericht des Landgerichts München II hat heute den Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem stellte das Gericht fest, dass die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt.
Das Gericht überzeugte sich davon, dass der Angeklagte – ein russischer Staatsangehöriger – zwei ukrainische Soldaten, die sich zur medizinischen Behandlung und Rehabilitation in Murnau befanden, ermordet hat.
Einleitend stellte der Vorsitzende Richter Thomas Bott fest, dass es sich bei der Tat um ein sinnloses Gemetzel gehandelt habe.
Nach den Feststellungen des Gerichts trafen sich die beiden späteren Geschädigten und der Angeklagte häufiger zum gemeinsamen Konsum alkoholischer Getränke. Zu größeren Streitigkeiten oder gar zu Tätlichkeiten sei es mit Ausnahme einer Diskussion um den Ukraine-Krieg dabei nicht gekommen. Am Tattag seien die drei in der Murnauer Innenstadt gewesen und hätten gemeinsam Alkohol getrunken. Dabei sei es zu einer verbalen Auseinandersetzung und auch zu erheblichen Beleidigungen des älteren Geschädigten gegenüber dem Angeklagten gekommen. Der Angeklagte sei dann zurück in seine nahe gelegene Wohnung gegangen und habe dort ein Messer herausgesucht und sei damit wieder zurück zu den beiden Geschädigten gegangen. Der Angeklagte stach sodann dem älteren der beiden Geschädigten mehrfach in den Hals. Dabei wusste der Angeklagte, dass der Geschädigte daran sterben würde. Der Angeklagte habe von hinten seitlich zugestochen und habe den Geschädigten hierdurch völlig überrascht. Der Geschädigte habe nicht mehr damit gerechnet, dass der Angeklagte noch einmal zurückkehren würde. Infolge dieser Überraschung war der Geschädigte auch nicht in der Lage, sich gegen den Angriff zu wehren. Nach diesen vier Stichen wandte sich der Angeklagte dem zweiten Opfer zu und stach fünf Mal kraftvoll auf den zweiten Geschädigten ein. Anschließend verließ der Angeklagte schnellen Schrittes den Tatort und gelangte über einen Umweg zurück in seine Wohnung und reinigte dort das Tatmesser und begann, seine blutbefleckte Hose zu waschen. Die Motivation für diese zweite Tat habe darin gelegen, dass der Angeklagte seine Täterschaft bei der ersten Tötung habe verdecken wollen.
Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft München – Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus – hatte das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe in Form übersteigerten russischen Nationalismus und Hass auf Ukrainer angenommen. Von einer politischen Motivation des Angeklagten, die für die Tat handlungsleitend gewesen wäre, konnte sich das Schwurgericht allerdings nicht überzeugen. Diese Möglichkeit bestehe zwar, so der Vorsitzende Thomas Bott, sicher feststellbar sei eine politische Motivation aber angesichts der vorangegangenen Streitigkeit mit dem ersten Tatopfer und weil sich der Angeklagte und die Geschädigten sich ansonsten trotz anderer Haltung gegenüber dem Krieg in der Ukraine vertrugen, nicht.
Der Angeklagte sei bei der Tat voll schuldfähig gewesen. Insbesondere habe die Alkoholisierung des – äußerst trinkgewohnten – Angeklagten seine Steuerungsfähigkeit nicht relevant beeinträchtigt.
Der Angeklagte habe eingeräumt, dass er die beiden Geschädigten getötet habe.
Über die vom Gesetz allein vorgesehene lebenslange Freiheitsstrafe stellte das Gericht fest, dass die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt. Zwar könne zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass es vorher Streit zwischen den Beteiligten gegeben habe und dass der Angeklagte zuvor beleidigt worden sei. Allerdings habe der Angeklagte nicht unmittelbar auf diese Provokation reagiert, sondern sei zunächst nach Hause gegangen, habe sich bewaffnet und sei dann erst wieder zum Geschehen zurückgekehrt. Das teilweise Geständnis des Angeklagten sei angesichts der Gesamtbeweislage nur von untergeordneter Bedeutung. Die Alkoholisierung des Angeklagten wirke sich ebenfalls nur in sehr geringem Ausmaß aus, da der Angeklagte wisse, dass er unter Alkoholeinwirkung zu Gewalthandlungen neige. Zu seinen Lasten berücksichtigte die Kammer insbesondere, dass der Angeklagte zwei Menschen jeweils mit unterschiedlichen Mordmerkmalen getötet habe. Hinzu traten noch erhebliche Vorstrafen. Der Angeklagte habe bis kurz vor der Tat noch unter Führungsaufsicht gestanden.
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ordnete das Gericht nicht an; zwar sei der Angeklagte alkoholabhängig. Diese Alkoholabhängigkeit habe sich aber nicht in relevanter Weise auf die Lebensführung des Angeklagten ausgewirkt, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung nicht vorlagen.
Zuletzt ordnete das Gericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft München steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht