Pressemitteilung 24 vom 04.04.2025
Landgericht München II: Sicherungsverfahren gegen Wojciech R. (40 Jahre) wegen des Verdachts des versuchten Totschlags
Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts München II hat heute die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Der Vorsitzende Richter Thomas Bott hob eingangs hervor, dass hier ein klassischer Fall für eine krankheitsbedingte Realitätsverkennung vorliege. Aufgrund einer wahnhaften Eingebung habe der Beschuldigte die Idee entwickelt, dass der spätere Geschädigte, mit dem er gemeinsam in einer Arbeiterunterkunft in Warngau lebte, ihm einen Geldbeutel entwendet habe. Er habe zudem geglaubt, dass er sich mit dem Geschädigten in einem Kampf um Leben und Tod befunden habe.
Der Beschuldigte habe den Geschädigten vor der Unterkunft in Warngau mit seinem PKW mit einer Geschwindigkeit zwischen 25 und 35 km/h bewusst und mit Tötungsvorsatz angefahren, nachdem er zuvor noch zurückgesetzt habe. Er habe kräftig Gas gegeben und habe den Geschädigten frontal mit dem Kühlergrill erfasst. Anschließend habe der Beschuldigte zurückgesetzt und habe den Geschädigten bewusst mit dem PKW überrollt.
Der Geschädigte erlitt einen Mehretagenunterschenkelbruch am linken Bein, der operativer Versorgung bedurfte sowie zwei Lendenwirbelbrüche, diverse Verletzungen am Kniegelenk und Hämatome sowie Schürfwunden und befand sich über zwei Wochen in stationärer Behandlung im Krankenhaus.
Der Beschuldigte war aufgrund einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung – einer paranoiden Schizophrenie – bei der Tat nicht in der Lage, das Unrecht seines Verhaltens einzusehen. Das Schwurgericht ist – sachverständig durch einen Psychiater beraten – zu dem Schluss gekommen, dass der Beschuldigte eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, da zu befürchten sei, dass er ohne längerfristige Behandlung weiterhin erhebliche Straftaten begehen werde. Die Kammer berücksichtigte dabei auch, dass der Beschuldigte seit seiner Diagnose im Jahr 2018 – mit Ausnahme dieser Tat – strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Der Vorsitzende Richter betonte, dass der Krankheitsverlauf sich in letzter Zeit deutlich verschlechtert habe. Eine Rolle habe dabei auch der THC- sowie der Kokain-Konsum des Beschuldigten gespielt. Eine Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung sei aufgrund einer mangelnden Stabilisierung noch nicht möglich.
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist grundsätzlich unbefristet.
Die Kammer ordnete die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Das
Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft
München II steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das
binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht