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Oberlandesgericht Nürnberg

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung vom 25. Oktober 2023 Nr. 36/2023

Strafprozess wegen des Vorwurfs des fahrlässigen Vollrauschs - Jugendkammer verkündete Urteil


Die Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom heutigen Tag den Angeklagten wegen fahrlässigen Vollrauschs schuldig gesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. 


Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte vor den Angriffen auf die Familie Cannabis und halluzinogene Pilze konsumierte und sich dadurch fahrlässig in einen seine Schuldunfähigkeit bewirkenden Rausch versetzte. Bereits bei Aufnahme der Drogen war der Angeklagte, der an einer depressiven Störung erkrankt war, nur vermindert schuldfähig. Im Zustand der Schuldunfähigkeit tötete er mit einem Küchenmesser seine Schwester und verletzte seine zur Hilfe eilende Mutter schwer. 

Das Gericht sprach den Anklagten deshalb wegen fahrlässigen Vollrauschs schuldig. Wegen des im Rausch begangenen Tötungs- und Körperverletzungsdelikts war aufgrund der Schuldunfähigkeit des Angeklagten keine strafrechtliche Verurteilung möglich. 

Als Rechtsfolge ordnete das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) an. Es führte hierzu aus, dass diese Maßregel aufgrund der vorhandenen psychischen Erkrankung gegenüber der Unterbringung in einer Erziehungsanstalt (§ 64 StGB) die geeignetere und zielführendere Maßnahme zur Ahndung der Tat sei. Ohne ärztliche und therapeutische Behandlung sei es möglich, dass der Angeklagte weitere erhebliche Straftaten begehen könne. Durch die in einem psychiatrischen Krankenhaus verfügbaren Therapiemöglichkeiten zur Behandlung der psychischen Erkrankung nebst der Suchtproblematik solle dem Angeklagten das langfristige Ziel ermöglicht werden, zukünftig ein krankheits- und straffreies Leben zu führen. Neben der angeordneten Maßregel erachtete das Gericht die zusätzliche Verhängung einer Jugendstrafe nicht für erzieherisch geboten.

Im Rahmen der Urteilsbegründung stützte sich das Gericht auf die Feststellungen eines psychiatrischen Sachverständigen, der zum Krankheitsbild, zur Frage der Schuldfähigkeit und den Voraussetzungen der Unterbringung nach § 63 StGB und § 64 StGB ein Gutachten erstattet hatte. Der Angeklagte hatte vor Gericht die Tat, soweit er sich noch erinnern konnte, eingeräumt. Das Gericht hatte zudem die Mutter des Angeklagten und weitere Zeugen angehört. Auch die Jugendgerichtshilfe war am Prozess beteiligt.

Die zweitägige Hauptverhandlung und heutige Urteilsverkündung war kraft Gesetzes (§ 48 JGG) nicht öffentlich, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt war. Aufgrund des Alters des Angeklagten war Jugendstrafrecht anzuwenden.

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist kraft Gesetzes unbefristet, deren Dauer hängt maßgeblich vom Therapieerfolg ab. Das Gericht hat im Rahmen der Vollstreckung regelmäßig das Fortbestehen der Voraussetzungen für die Fortdauer des Maßregelvollzugs zu überprüfen. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 


Tina Haase
Richterin am Oberlandesgericht
Justizpressesprecherin