Pressemitteilung 11 vom 01.10.2024
Ermittlungsverfahren wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht im Zusammenhang mit dem Tod eines Mädchens im Kinderheim in Wunsiedel eingestellt
HOF / WUNSIEDEL Die Staatsanwaltschaft Hof hat das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten im Zusammenhang mit dem Tod eines Mädchens in einem Kinderheim in Wunsiedel mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
In der Nacht vom 03.04.2023 auf den 04.04.2023 war eine 10-jährige Heimbewohnerin in einem Kinderheim in Wunsiedel getötet worden. Davor war sie sexuell missbraucht worden. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft Hof war für die Tötung des Mädchens ein ebenfalls in dem Kinderheim untergebrachter 11-jähriger Junge verantwortlich. Hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs wurde ein 27-Jähriger vom Landgericht Hof mit Urteil vom 20.03.2024 schuldig gesprochen. Nach den Feststellungen des Landgerichts war er durch ein offenstehendes Fenster in das Kinderheim gelangt.
Im Zusammenhang mit dem Geschehen ging bei der Staatsanwaltschaft Hof eine Strafanzeige gegen Verantwortliche des Kinderheims, der beteiligten Jugendämter und des Familiengerichts wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht sowie wegen Körperverletzung ein.
Eine umfassende Abklärung der Verfahrensgänge, die jeweils zur Heimunterbringung der beiden Kinder geführt hatten, sowie der Betreuung der Kinder in dem Kinderheim hat die pauschalen Behauptungen des Anzeigenerstatters nicht bestätigt.
Weder bei der Betreuung des Mädchens noch bei der Betreuung des Jungen durch die jeweils zuständigen Jugendämter wurden Fürsorge- oder Erziehungspflichten verletzt. Es konnte festgestellt werden, dass beide Kinder seit mehreren Jahren durch die Jugendämter betreut wurden, die jeweils die Betreuungsformen wählten, die der Lebenssituation der Kinder entsprachen. Insbesondere gab es im Zeitraum der Unterbringung des Jungen in dem Kinderheim Wunsiedel keine Hinweise auf eine von ihm ausgehende akute Selbst- oder Fremdgefährdung. Er war entsprechend den Empfehlungen in einer heilpädagogischen Gruppe des Kinderheims untergebracht.
Auch die Heimerziehung des Mädchen war richterlich genehmigt. Die gerichtliche Entscheidung war entsprechend den Rechtsvorschriften des Familienrechts ergangen.
Schließlich konnte auch keine Verletzung der Aufsichtspflicht sowie der Fürsorge- oder Erziehungsplicht der zuständigen Mitarbeiter des Kinderheims festgestellt werden. Insbesondere aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Jungen erfolgte in dem Kinderheim eine aufwendige Betreuung, die über die gewohnte Betreuung hinausging.
Soweit in dem Kinderheim zur Tatzeit ein Fenster, welches zum Lüften eines Badezimmers geöffnet worden war, offen blieb, kann aus strafrechtlicher Sicht eine Verletzung von Sorgfaltspflichten der Mitarbeiter gegenüber den betreuten Kindern nicht bejaht werden. Auch fehlt es an einem unmittelbaren Zurechnungszusammenhang zwischen einer Sorgfaltspflichtverletzung und den späteren Sexualhandlungen des 27-Jährigen bzw. der Tötungshandlung des 11jährigen Jungen. Nach dem durch das Landgericht im Prozess gegen den 27-Jährigen festgestellten Geschehensablauf kam es erst aufgrund weiterer, nicht erwartbarer Umstände zu den tragischen Ereignissen.
Weitergehende Auskünfte können im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der beanzeigten Personen sowie der weiteren Beteiligten seitens der Staatsanwaltschaft nicht erteilt werden.