Amtsgericht Neu-Ulm
25.10.2022

Bayerns Justizminister Eisenreich zur Vorlage eines Entwurfs für ein Quick-Freeze-Verfahren durch Justizminister Marco Buschmann / Bundesregierung muss den Entwurf nachbessern und die Verkehrsdatenspeicherung zeitnah in dem vom EuGH gesetzten Rahmen wiederbeleben / Eisenreich: "Das Quick-Freeze-Verfahren als echte Alternative darzustellen, ist entweder bewusste Augenwischerei oder Unkenntnis.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die allgemeine und unterschiedslose Verkehrsdatenspeicherung zwar grundsätzlich für unzulässig erklärt, aber in seinem Urteil begrenzte Spielräume für die Verkehrsdatenspeicherung insbesondere von IP-Adressen zugelassen. Unter anderem kann zum Schutz nationaler Sicherheit, der Bekämpfung schwerer Kriminalität und der Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen, die einer Quelle zugeordnet werden können, erfolgen. Die Bundesregierung ist nun gefordert, in diesem Rahmen die Verkehrsdatenspeicherung zeitnah wiederzubeleben. Stattdessen legt Bundesjustizminister Marco Buschmann einen Entwurf für ein Quick-Freeze-Verfahren vor.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie zeigen: Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, bremst unsere Ermittlerinnen und Ermittler im Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie aus. Ohne die Speicherung von IP-Adressen fehlt ihnen die zum Teil einzige Möglichkeit, Täter zu identifizieren. Das halte ich für fahrlässig. Fehlende Verkehrsdatenspeicherung kann verhindern, dass wir Straftaten aufklären und teils noch laufenden Kindesmissbrauch stoppen können. Jeder Fall, der nicht aufgeklärt und nicht gestoppt werden kann, ist einer zu viel. Hinter jeder Tat steht das unfassbare Leid eines Kindes. Deshalb fordere ich den Bundesjustizminister auf, die vom Europäischen Gerichtshof benannten Spielräume – insbesondere für die Speicherung von IP-Adressen – zeitnah zu nutzen. Auch die Kinder haben Rechte."

Die Verkehrsdatenspeicherung liegt aufgrund einer Entscheidung der Bundesnetzagentur im Jahr 2017 auf Eis. Nach Medienberichten plant der Bundesjustizminister, die Verkehrsdatenspeicherung endgültig aus dem Gesetz zu streichen. Eisenreich: "Es ist völlig unverständlich, dass Strafverfolger beispielsweise Hinweise auf sexuellen Kindesmissbrauch aus den USA nicht weiterverfolgen können, weil in Deutschland keine IP-Adressen mehr gespeichert sind. Auch bei der Verfolgung von Terroristen, Waffenschiebern und Drogenhändlern sind IP-Adressen oftmals die wichtigste oder sogar die einzige Spur. Der Bundesjustizminister darf unsere Strafverfolger nicht im Kampf gegen schwerste Verbrechen ausbremsen."

Bei der Verkehrsdatenspeicherung geht es nicht um die Speicherung von Inhalten, sondern um die Speicherung von Verbindungsdaten, also insbesondere auch um die Zuordnung von IP-Adressen zu Personen. Eisenreich: "Ich will weder den gläsernen Bürger noch einen Überwachungsstaat. Aber bei schweren Straftaten brauchen unsere Ermittler zeitlich befristeten Zugriff jedenfalls auf die IP-Adressen."

Der Minister zum Entwurf des Bundesjustizministers: "Das von Bundesjustizminister Buschmann favorisierte 'Quick-Freeze-Verfahren' kann in bestimmten Fällen nützlich sein. Es ist jedoch keine Alternative zur Speicherung der IP-Adressen. Dies entspricht auch den Erfahrungen anderer europäischer Länder. Es ist auch in anderen Ländern nicht erfolgreich. Das Quick-Freeze-Verfahren als echte Alternative zur Speicherung von IP-Adressen darzustellen, ist entweder bewusste Augenwischerei oder Unkenntnis. Was an Daten nicht vorhanden ist, lässt sich auch nicht sichern. Wir wollen Kriminelle aufspüren und Kinder schützen. Dazu brauchen wir keine theoretischen Debatten. Ich empfehle dem Bundesjustizminister daher dringend einen Besuch bei Ermittlerinnen und Ermittlern und einen Blick in die Praxis."

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