Pressemitteilung 3/18 vom 28.06.2018
Zur Frage der Haftung einer Fluggesellschaft für Schäden, die ein Fluggast auf dem Flughafen von Istanbul infolge des Putschversuchs in der Türkei erlitten hat.
Der aus Witten/NRW stammende Kläger buchte für sich und seine Frau bei der Beklagten einen Flug von München nach Colombo über Istanbul. Der Flug von München nach Istanbul sollte am 15.07.2016, der Anschlussflug von Istanbul nach Colombo am 16.07.2016 stattfinden. Wegen des in dieser Nacht in der Türkei stattfindenden Putschversuches konnte der Flug von Istanbul nach Colombo jedoch nicht durchgeführt werden, da der Flughafen Istanbul von Militär besetzt war. Wegen des nicht durchgeführten Fluges wurden dem Kläger und seiner Ehefrau jeweils 827,27 € von der Beklagten außergerichtlich erstattet.
Der Kläger begehrte jedoch von der beklagten Airline auch die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 2.000 €. Er schilderte, er und seine Ehefrau seien am Flughafen Istanbul in chaotische Verhältnisse geraten. Er und seine Ehefrau hätten in ständiger Todesangst die Nacht auf dem Flughafen verbringen müssen, ohne dass Schlafgelegenheiten, Getränke und Essen zur Verfügung gestellt worden seien. Seitens der Beklagten habe es in dieser kritischen Situation keine Notfallpläne gegeben. Der Kläger ist der Ansicht, hierin liege ein Organisationsverschulden der Beklagten.
Außerdem habe er in jener Nacht im Flughafen von Istanbul wegen des dort herrschenden Chaos seine Geldbörse mit 2.000 € Bargeld verloren, was letztlich ebenfalls auf diese Organisationsmängel zurückzuführen sei. Auch diesen Betrag – so der Kläger – müsse die Beklagte daher ersetzen.
Schließlich forderte der Kläger noch Schadensersatz in Höhe von weiteren 158,95 € weil seine beiden Koffer auf dem Flug beschädigt worden seien.
Die beklagte Fluggesellschaft machte hingegen geltend, dass sie keine Verantwortung für die Zustände am Istanbuler Flughafen in der Nacht des gescheiterten Putschversuchs habe, weshalb sie auch nicht schadensersatzpflichtig sei. Hinsichtlich des Gepäckschadens hätte es der Kläger versäumt, diesen rechtzeitig geltend zu machen.
Das Gericht wies die Klage vollständig ab.
Ein Schadensersatzanspruch, gleich ob er auf Schmerzensgeld oder auf den Ersatz verlorenen Bargeldes gerichtet sei, setze ein Verschulden desjenigen voraus, den der Geschädigte in Anspruch nehme. Ein Verschulden sei jedoch vorliegend nicht feststellbar. So könne ein Notfallplan für den Fall eines Militärputsches von der Beklagten nicht verlangt werden. Bei einem derartigen Ereignis handele es sich nämlich um eine extreme Ausnahmesituation, die völlig außerhalb dessen liege, auf das man sich einstellen müsse.
Zu dem geltend gemachten Gepäckschaden stellte das Gericht fest, dass der Kläger die nach dem Übereinkommen von Montreal einzuhaltende Frist von 7 Tagen, innerhalb der der Schaden dem Luftfrachtführer gegenüber schriftlich anzuzeigen ist, versäumt hatte. Hierbei handele es sich um eine Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung zu einem Verlust des Anspruchs führe.
Der Kläger akzeptierte das Urteil zunächst nicht und legte Berufung zum Landgericht Landshut ein. Dieses wies noch vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung darauf hin, dass es die Rechtsauffassung des Amtsgerichts Erding in dieser Sache uneingeschränkt teile, woraufhin der Kläger sein Rechtsmittel zurücknahm.
Amtsgericht Erding Az.: 3 C 2914/18