Pressemitteilung 40 vom 17.07.15
Der 6. Münchener Mietgerichtstag
Von der Tradition zur Institution
Heute findet zum sechsten Mal der Münchener Mietgerichtstag statt.
Es ist eine Fachtagung von überörtlicher Bedeutung. An ihr nehmen nahezu alle mit Mietrecht befassten Richter vom Amtsgericht und an den beiden Landgerichten in München teil, viele auf diesem Gebiet tätige und spezialisierte Rechtsanwälte und Vertreter von Verbänden wie dem Haus- und Grundbesitzerverein und dem Mieterverein München.
Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback hob in seinem Grußwort die besondere Bedeutung des Münchener Mietgerichtstages als "Pflichttermin für alle am Mietrecht Interessierten" hervor. Mit Blick auf das aktuell zentrale Thema des Mietrechts, die Mietpreisbremse, sagte der Minister: "Bayern hat sich auf Bundesebene stets für die Mietpreisebremse eingesetzt und eine schnelle Umsetzung angekündigt. Am Dienstag dieser Woche haben wir unser Versprechen eingelöst und im Ministerrat die Mietpreisbremseverordnung beschlossen. Ab 1. August 2015 greift die Mietpreisbremse also in 144 bayerischen Städten und Gemeinden. Das ist auch gut so, denn damit leisten wir einen Beitrag, dass die Mieten für unsere Bürgerinnen und Bürger -v.a. in Ballungsgebieten- bezahlbar bleiben."
Die Mietpreisbremse wird sich möglicherweise sehr bald auch auf die Verfahrenszahlen am Amtsgericht München auswirken. Knapp ein Viertel aller Klagen im Zivilrechtsbereich betreffen das Mietrecht. 24 Richterinnen und Richter beschäftigen sich vornehmlich mit Streitigkeiten über Kündigungen, Mieterhöhungen und Betriebskosten. Monatlich gehen circa 700 neue Klagen in der Mietabteilung ein.
Der Präsident des Amtsgerichts München Reinhard Nemetz: Die Mietpreisbremse wird zu einem Anstieg der Klagen führen. Die Regelung ist kompliziert. Der Teufel steckt -wie so oft- im Detail.
Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Dieter Reiter, geht davon aus, dass man noch nicht am Ende des Instrumentenkastens angelangt ist, wenn es darum geht, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Mietpreisbremse muss fortentwickelt werden. Es muss daneben eine intensive Wohnungsbauförderung geben.
Stadtbaurätin Prof. Elisabeth Merk zeigt vor dem Hintergrund der Neuregelung die Bedeutung der Wohnungsbaupolitik und die Rolle der Landeshauptstadt bei der Schaffung von neuem bezahlbarem Wohnraum auf.
Jörg Weißker vom Münchner Anwaltverein bewertet das Wohnungsmarktproblem so: Aus der Sicht der Investmentgesellschaften ist eine Immobilie eine bedürfnislose Milchkuh, um die sich keiner kümmert und die man permanent melken kann.
Michael Koch, stellvertretender Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins München: Wir als Vermieter sind nicht begeistert von der Mietpreisbremse und halten es auch nicht für einen sinnvollen Weg zur Schaffung von Wohnraum.
Beate Marschall, stellvertretende Geschäftsführerin des Mietervereins München: Wir kämpfen für bezahlbare Mieten und genug Wohnraum. In Berlin sind die Neuvermietungspreise seit Einführung der Mietpreisbremse um 3 Prozent gesunken. Es besteht aber noch Klärungsbedarf in der praktischen Umsetzung.
Die Fachtagung befasst sich auch mit der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Schönheitsreparaturen, zum Mietspiegel und zum Minderungsrecht des Mieters. Die Vorsitzende Richterin an dem für Wohnraummietrecht zuständigen achten Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, Dr. Karin Milger, wird aus erster Hand die obergerichtliche Rechtsprechung zum Mietrecht erläutern.
Von besonderem Interesse für Mieter ist das Widerrufsrecht des Mieters als Verbraucher. Wer als Verbraucher ohne vorherige Besichtigung der Wohnräume mit einem Unternehmer per Telefon, Brief, Fax SMS E-Mail (also mit Fernkommunikationsmitteln) außerhalb der Geschäftsräume des Vermieters oder Maklers einen Mietvertrag abschließt, kann den Mietvertrag in bestimmten Fällen widerrufen. Dies gilt auch für Änderungen bei einem bestehenden Mietvertrag. Die gesetzliche Regelung soll Gefahren durch Überrumpelung und psychischen Druck vorbeugen. Prof. Wolfgang Hau von der Universität Passau kommt zu folgendem Ergebnis: Die neue Regelung beantwortet nicht alle Fragen, leistet aber insgesamt einen wichtigen Beitrag zu einer interessengerechten Ausgestaltung des Wohnraummietrechts.
Insgesamt leistet der Mietgerichtstag einen wichtigen Beitrag zur konstruktiven Diskussion der wiederstreitenden Interessen der beteiligten Parteien.
Monika Andreß