Pressemitteilung 51 vom 24.08.15
Schwerer Menschenhandel und Zuhälterei in München
Das Amtsgericht München verurteilte am 26.3.15 eine Bulgarin wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und ausbeuterischer Zuhälterei zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten auf Bewährung und am 02.04.15 den mit ihr befreundeten Zuhälter zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten wegen zweier Fälle des schweren Menschenhandels und ausbeuterischer Zuhälterei und Körperverletzung.
Die 24-Jährige Bulgarin ist die Geliebte des Zuhälters. Dieser schickt sie auf den Strich und benutzt sie als Lockvogel beim Anwerben von potentiellen Opfern. Sie lebt seit 2011 mit ihm zusammen und arbeitet seit 2012 als Prostituierte. Der Zuhälter ist 35 Jahre alt und hat in Bulgarien eine Ehefrau. Seine mitangeklagte Freundin in München bezeichnet er als Frau zum Ficken.
Am 22.06.14 trafen sie sich gemeinsam in einem Café in Berlin mit einer Bulgarin, die tags zuvor aus Bulgarien eingereist ist, um hier als Putzfrau, Barfrau oder Bedienung Geld zu verdienen. Die beiden spiegelten dem Opfer vor, ihr zu einer Anstellung als Putzfrau oder Küchenhilfe in München verhelfen zu können und ihr beim Erlernen der deutschen Sprache behilflich zu sein. Sie fuhren zu dritt nach München und mieteten in einer Pension ein Zimmer an, das sie gemeinsam bewohnten.
Die beiden Angeklagten machten bereits am Tag nach der Ankunft in München einen Termin für die Geschädigte bei einer Fotografin, um Fotoaufnahmen für Werbezwecke herstellen zu lassen. Auf die Frage der Geschädigten, warum sie Fotoaufnahmen bräuchte, wenn sie als Putzfrau arbeiten solle, antwortete ihr der Zuhälter: Ich sage dir zum ersten und zum letzten Mal, du wirst nicht als Putzfrau arbeiten, sondern als Escort". Die Angeklagte erklärte der Geschädigten, die sich niemals zuvor prostituiert hatte, dass dies bedeutet, dass sie als Prostituierte arbeiten muss. Die Geschädigte hielt den beiden Angeklagten vor, sie belogen zu haben. Der Zuhälter entgegnete der Geschädigten, niemand habe sie gezwungen, mit ihnen zu fahren und teilte der Geschädigten mit, dass er 50 Prozent ihrer Einnahmen behalten wird und dass seine Freundin der Geschädigten erklären wird, wie die Arbeit abläuft.
Auf anfängliche Widerworte der Geschädigten ging der Zuhälter nicht ein. Die angeklagte Freundin des Zuhälters riet der Geschädigten, keine weiteren Fragen zu stellen, da dies keinen Sinn mache. Aufgrund des beherrschenden Auftretens der Angeklagten und der Unsicherheit, die mit ihrem Aufenthalt in Deutschland verbunden war, sah die Geschädigte keine Alternative dazu, den Anweisungen zu folgen. Nachdem die Geschädigte wiederholt Anrufe auf ihrem Mobiltelefon, das eine deutsche SIM-Karte enthielt, erhalten hatte, nahm ihr der Zuhälter dieses weg.
Noch am Tag der Ankunft in München schminkte die angeklagte Freundin die Geschädigte zur Vorbereitung auf die erste Prostitutionsausübung. Im Anschluss sperrten die Angeklagten die Geschädigte für circa eine halbe Stunde in dem Pensionszimmer ein, um einen ersten Kunden zu organisieren. Der Zuhälter brachte die Geschädigte noch am selben Abend zu einem Hotel, wo ein Freier wartete und übergab ihr ein Nokia-Mobiltelefon, von dem aus sie den Zuhälter über eine erfolgte Bezahlung informieren sollte. Obwohl die Geschädigte auftragsgemäß vor Vollzug des Geschlechtsverkehrs bereits 200,- Euro vom ersten Freier entgegengenommen hatte, verließ sie den unbekannten Freier, ohne dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen war, da dieser eine andere Prostituierte erwartet hatte und mit der Geschädigten nicht zufrieden war. Als die Geschädigte das Hotel verließ, wartete vor dem Hotel bereits der Zuhälter mit seiner Freundin. Die Geschädigte übergab ihr die erhaltenen 200,- Euro. Die Freundin zählte das Geld sofort nach und übergab es sodann dem Zuhälter.
Noch am selben Abend wurde die Geschädigte in ein weiteres Hotel verbracht, wo sie ein Freier mit in sein Zimmer nahm und ihr 200,- Euro übergab. Sodann führte die Geschädigte vaginalen Geschlechtsverkehr mit dem unbekannten Freier durch. Bis zum 18.09.2014 ging die Geschädigte in verschiedenen Hotels und Privatwohnungen der Prostitution nach, hatte zahlreiche Kunden und verdiente dabei zwischen 8000,- und 10.000,- Euro. Das verdiente Geld musste sie vollständig an die beiden abgeben, lediglich einmalig 100,- Euro wurden ihr für ihr Kind überlassen, das in Bulgarien lebt. Stets wurde die Geschädigte zu den Freier-Terminen gefahren und wieder abgeholt.
Der Zuhälter schlug die Geschädigte mindestens drei Mal. In einem Fall versuchte die Geschädigte, nach Bedienung eines Freiers über den Hinterausgang eines Hotels zu fliehen, anstelle am Vorderausgang den Zuhälter zu treffen. Am Hinterausgang hatte jedoch die Freundin des Zuhälters gewartet, die Geschädigte abgefangen und sogleich den Zuhälter telefonisch herbeigerufen. Zurück in der Pension schlug und trat dieser die Geschädigte gegen Körper und Gesicht zur Strafe für den Fluchtversuch. Dabei erlitt die Geschädigte ein blaues Auge und eine Platzwunde an der Lippe. Die Geschädigte ging daraufhin weiterhin der Prostitution nach. In einem weiteren Fall schlug der Zuhälter seine Freundin und die Geschädigte gleichzeitig, weil beide zwei Kunden zu preiswert" bedient hatten und ein gesondertes Entgelt für Sonderleistungen hätten verlangen sollen. In einem anderen Fall schlug er die Geschädigte, weil diese mit einem türkischen Friseur gescherzt hatte.
Die angeklagte Freundin des Zuhälters ist nicht vorbestraft und hat ein volles Geständnis abgelegt. Das Gericht hielt ihr zu Gute, dass sie eine untergeordnete Rolle gespielt hat, sie musste sich selbst prostituieren, um zum gemeinsamen Lebensunterhalt beizutragen, der finanzielle Nutznießer der Taten war im Wesentlichen der Zuhälter.
Der Zuhälter ist bereits mehrfach, unter anderem wegen Vergewaltigung und Köperverletzung vorbestraft. Er streitet die Vorwürfe ab und gibt an, dass die Geschädigte das so gewollt habe. Das Gericht glaubt seiner Freundin und der Geschädigten. Es wirft ihm insbesondere strafschärfend vor, dass er die Geschädigte über einen Zeitraum von vielen Wochen zur Prostitution gezwungen hat und sie dabei auch genötigt wurde, nicht nur Geschlechtsverkehr an sich zu dulden, sondern den Kunden auch darüber hinausgehende Extrawünsche zu ermöglichen.
Urteile des Amtsgerichts München vom 26.03.15 und 02.04.15.
Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Monika Andreß