Pressemitteilung 86 vom 18.12.15
Münchener Modell
Wie mit Hilfe des Münchener Modell der Weihnachtsfriede gesichert wird
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Weihnachtszeit ist im Familiengericht Konfliktzeit. In vielen Familien herrscht Streit statt Weihnachtsfrieden. Häufig wird das Familiengericht mit dem Streit befasst, etwa dann, wenn sich die Eltern nicht einigen können, wer das Kind an den Weihnachtstagen bekommt oder wenn es zu Gewalttätigkeiten kommt. Das Gericht hat dann die wichtige Aufgabe, schnelle und konstruktive Lösungen mit den beteiligten Familienangehörigen zu erarbeiten.
Am Amtsgericht München wurde hierfür das Münchener Modell entwickelt, das seit 2007 hier praktiziert wird. Das Münchener Modell ist ein Leitfaden zur Lösung von Sorgerechts- und Umgangsproblemen. Mit Hilfe des Leitfadens sollen die Eltern selbst und eigenverantwortlich rasch eine tragfähige Lösung zum Wohl ihrer Kinder finden. Der Leitfaden besteht aus 15 Einzelempfehlungen und regelt die Zusammenarbeit des Gerichts mit den Stadt- und Kreisjugendämtern, Rechtsanwälten, Beratungsstellen, Mediatoren, Verfahrensbeiständen und Sachverständigen.
Ein Beispielsfall:
Die Eltern des kleinen fünfjährigen Moritz haben sich nach den Sommerferien getrennt. Der Vater ist ausgezogen. Der kleine Moritz bleibt bei seiner Mutter. Ende Oktober suchte der Vater einen Rechtsanwalt auf.
Die Eltern konnten sich nicht einigen, wer von ihnen den kleinen Moritz wann bekommt. Der Vater wollte nun eine Regelung für den Umgang mit seinem Sohn vor Gericht erstreiten und insbesondere erreichen, dass er an Weihnachten seinen kleinen Moritz treffen darf.
Der Vater rechnete damit, monatelang prozessieren zu müssen, bis seine Frau zu einer Umgangsregelung verurteilt würde. Sein Frust entlud sich bei seinem Anwalt. Er schilderte ausführlich alle aus seiner Sicht negativen Eigenschaften der Mutter seines Sohnes und er erwartete, dass sein Anwalt einen entsprechend geharnischten Schriftsatz verfassen würde. Auf einen solchen und eine nachfolgende Schlammschlacht war auch die Mutter gefasst, als ihr die Einschaltung eines Rechtsanwalts von ihrem Mann angekündigt wurde.
Jedoch: Es kommt ganz anders
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Der Anwalt ist ein erfahrener Familienrechtler, er kennt das Münchener Modell.
Er legt in einem Antrag an das Familiengericht kurz die Position seines Mandanten dar, teilt die Kontaktdaten (Telefon, Fax, E-Mail) der Beteiligten mit (Leitfaden Nr. 5) und unterlässt jegliche herabsetzende Äußerung über die Mutter (Leitfaden Nr.1).
Der Anwalt reicht den Antrag Anfang November bei Gericht ein. Die zuständige Richterin setzt sofort einen Termin für Ende November an und stellt der Mutter die Ladung zum Termin und den Antrag des Vaters zu (Leitfaden Nr. 2).
Die Richterin faxt den Antrag an das Jugendamt (Leitfaden Nr. 2). Die zuständige Jugendamtsmitarbeiterin nimmt sofort Kontakt mit den Eltern auf (Leitfaden Nr. 6) und vereinbart mit ihnen einen Besuchstermin. Bei dem Besuch stellt sie fest, dass eine Beratung durch eine anerkannte Familienberatungsstelle hilfreich wäre. Noch vor dem Verhandlungstermin bei Gericht klärt die zuständige Jugendamtsmitarbeiterin ab, welche Stelle hier in Betracht kommt und einen schnellen Termin anbieten kann (Leitfaden Nr. 6).
Bei der Gerichtsverhandlung Ende November sitzen die Eltern erstmals seit der Trennung wieder an einem Tisch und haben Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen. Die Mutter erscheint alleine ohne Begleitung eines Anwalts. Durch den sachlichen Ton im Antrag des Anwalts des Vaters hat sie Vertrauen gefasst. Außerdem weiß sie, dass schriftliche Stellungnahmen während des Verfahrens nicht erforderlich sind. In dem ihr zugesandten Leitfaden (dort Nr. 7) befindet sich ein entsprechender Hinweis. In dem Gerichtstermin wird ausführlich die gegenwärtige familiäre Situation erörtert. Die Mitarbeiterin des Jugendamtes erstattet einen Bericht hierzu. Die Eltern sehen ein, dass sie professionelle Hilfe brauchen, um eine Umgangsregelung zu erarbeiten (Leitlinie Nr. 10). Sie verpflichten sich schließlich vor Gericht, eine Beratung bei einer vom Jugendamt vorgeschlagenen Institution in Anspruch zu nehmen. Dank der Vorarbeit des Jugendamtes bekommen die Eltern einen schnellen Termin bei der Beratungsstelle Anfang Dezember. Dort gelingt es ihnen, sich auf die Modalitäten des Umgangs von Moritz mit seinem Vater zu einigen. Einen zweiter Gerichtstermin braucht es deshalb nicht, eine Anhörung von Moritz durch das Gericht blieb dem Jungen erspart (Leitfaden Nr. 11).
Und so ist es zur großen Freude und Erleichterung aller Betroffenen dazu gekommen, dass trotz der Trennung der Eltern der kleine Moritz sich auf das Weihnachtsfest und das Wiedersehen und Beisammensein mit seinem Vater freuen kann.
Der kleine Moritz strahlt:
Am 2. Weihnachtsfeiertag sieht er endlich seinen Vater wieder, und darf 3 Tage bei ihm bleiben. Und was noch schöner ist. In Zukunft darf er jedes zweite Wochenende bei ihm verbringen.
Der große Moritz strahlt ebenfalls:
Für ihn völlig überraschend ist es ihm nach mehrwöchigem Streit gelungen, mit seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau Christa eine Vereinbarung darüber zu treffen, wann und wie oft er den gemeinsamen Sohn Moritz in Zukunft sehen kann.
Und Christa ist erleichtert:
Endlich hat der Streit über die Umgangsmodalitäten ein Ende gefunden, und sie darf hoffen, dass nach diesem ersten wichtigen Schritt auch weitere Folgen des Auseinanderbrechens der Ehe einverständlich geregelt werden können.
Das Überraschendste für alle Beteiligten ist, wie schnell eine Lösung gefunden werden konnte.
Solche und ähnliche Fälle werden tagtäglich vor dem Familiengericht verhandelt. Nicht immer gibt es ein Happy End, und nicht immer so schnell. Das Münchener Modell ermöglicht es jedoch, Reibungsverluste jeglicher Art und unnötigen Zeitverlust zu vermeiden und ein vergiftetes Klima erst gar nicht aufkommen zu lassen oder zumindest nicht zu verschärfen.
Monika Andreß