Pressemitteilung 54 vom 11.07.16
Wertvolle Blutproben
Am 27.06.2016 verurteilte das Amtsgericht München einen 56-jährigen Arzt wegen Betruges in 31 Fällen zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro (80 Tagessätze zu je 250 Euro).
Der Arzt ist niedergelassen und betreibt seit 2007 mit einer Kollegin eine Gemeinschaftspraxis in 80639 München, wobei die Behandlung und Abrechnung strikt getrennt durchgeführt wurde.
Bei der medizinischen Versorgung durch niedergelassene Ärzte fallen unter anderen auch Untersuchungen an, die bei Privatpatienten nach den Bestimmungen der Anlagen M zur Gebührenordnung für Ärzte zu erbringen sind. Nach der Vorschrift des § 4 Abs. 2 GOÄ müssen Untersuchungen der Klassen M III (Untersuchungen von körpereigenen oder körperfremden Substanzen und körpereigenen Zellen) bzw. M IV (Untersuchungen zum Nachweis und zur Charakterisierung von Krankheitserregern (sog. Speziallabor") von dem jeweiligen Arzt höchstpersönlich oder unter seiner Aufsicht nach seinen fachlichen Weisungen erbracht werden. Dies setzt die Anwesenheit in dem Labor, in dem die Untersuchungen tatsächlich durchgeführt werden, voraus. Eine Delegation der Aufsichts- und Leistungsverpflichtung ist bei diesen Untersuchungen nicht gestattet.
Der Arzt sandte seine Blutproben zur Analyse an ein Speziallabor in München. Seit dem Jahr 2010 hatte er eine Vereinbarung mit diesem Speziallabor: Wenn er eine Untersuchung der Klassen MIII oder MIV benötigte, übersandte er die Proben an das Speziallabor. Dort wurden die Proben nach seinen Analysewünschen fachlich und medizinisch korrekt untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden ihm anschließend, oft per Datenfernübertragung, übermittelt, teils gekoppelt mit Therapievorschlägen oder sonstigen Hinweisen.
Eigentlich hätte das Speziallabor direkt mit den Privatpatienten die Untersuchungen abrechnen müssen. Stattdessen vereinbarte der Arzt mit dem Labor, dass er die Untersuchungen gegenüber den Privatpatienten selbst abrechnet und das Labor ihm gegenüber die durchgeführten Untersuchungen mit dem günstigen Abrechnungsfaktor 0,6 statt des korrekten Faktors 1,15 in Rechnung stellt. Gegenüber seinen Patienten verlangte er jedoch den Faktor 1,15 und spiegelte vor, dass er die Leistung selbst erbracht hat. Dem Arzt konnte das Gericht im Zeitraum von Februar 2012 bis Mai 2013 insgesamt 31 solcher Fälle nachweisen, wobei insgesamt 99 Patienten betroffen waren. Der Arzt machte einen unberechtigten Gewinn in Höhe von 6510,60 Euro.
Das Gericht stellt in dem Urteil fest: Der Angeklagte hat von Anfang an die Fehlerhaftigkeit seiner Abrechnung für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, sich in keiner Weise kundig gemacht, obwohl ihm die Problematik bewusst war und er sich bewusst für eine Abrechnung mit dem erhöhten Faktor 1,15 entschieden hatte.
Urteil des Amtsgerichts München vom 27.6.16
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Monika Andreß