Pressemitteilung 17 vom 24.02.17
Böller im Stadion
Am 10.12.2016 verurteilte die zuständige Richterin am Jugendgericht München einen 19-jährigen Auszubildenden wegen Herbeiführens einer Sprengstoff Explosion zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten zur Bewährung.
Der junge Mann befand sich am 19.10.2016 bei der Fußball Champions League Begegnung zwischen dem FC Bayern München und dem PSV Eindhoven in der mit 70 000 Besuchern ausverkauften Allianz Arena in München. Gegen 20.53 Uhr zündete er im Gäste Fan-Block 344 einen Böller und warf diesen in den unter ihm liegenden Mittelrang. Der gezündete Böller landete dort zunächst auf der Schulter eines geschädigten Fußballfans und anschließend auf dem Boden. Dort explodierte er. Der Fußballfan erlitt durch die Explosion ein Knalltrauma und leidet seitdem an einem beiderseitigen Tinnitus. Durch die Explosion des Böllers wurden weitere Zuschauer verletzt. Zwei Personen erlitten ein Knalltrauma. Ein weiterer Fußball Fan hat infolge eines Knalltraumas einen beidseitigen Tinnitus und eine Hochtonschwerhörigkeit am linken Ohr. Bei einer weiteren Person kam es für einige Stunden zu einem Ohrendröhnen einhergehend mit einem Hörverlust. Eine andere Person erlitt nach einem Knalltrauma eine Hörminderung.
In der mündlichen Sitzung vor dem Amtsgericht München war der Verurteilte geständig. Nach seinen eigenen Angaben hatte er den Böller von einem Landsmann im Stadion vor dem Treppenaufgang zugesteckt bekommen. Er sei in Begleitung seines Stiefvaters gewesen, der ihm die Eintrittskarte bezahlt hatte.
In der Gerichtsverhandlung wurde das Video der Überwachungsanlage im Stadion in Augenschein genommen. Darauf ist deutlich zu erkennen, wie der junge Mann circa acht Minuten nach dem Anpfiff durch einen zielgerichteten Wurf den Böller in den Mittelrang schleuderte, nachdem er sich ein Feuerzeug von einem Umstehenden ausgeliehen hatte und den Böller damit gezündet hatte. Das Gericht stellte fest: Es konnte auch das große Erschreckenden im Mittelrang Block 244 in Augenschein genommen werden... Der polizeiliche Sachbearbeiter gab in seiner Vernehmung an, nach seinen Ermittlungen habe es sich wohl um einen Böller mit circa 1,5 g Sprengstoff gehandelt, einem sogenannten Blitzknallsatz.
Die zuständige Richterin verurteilte den jungen Mann nach Jugendstrafrecht. Sie konnte Reifeverzögerungen nicht ausschließen. Das Gericht führt aus: Die Gefahren, die von einem Böller mit 1,5 Gramm Sprengstoff in einem vollbesetzten Fußballstadion ausgehen, sind erheblich. Diese Gefahren zeigen sich nicht nur in den oben näher beschriebenen konkret verwirklichten Körperverletzungen, sondern darüber hinaus hat ein derartiger Sprengsatz auch ein weitaus erheblicheres Gefährdungspotenzial. Man denke in diesem Zusammenhang insbesondere daran, wenn der Sprengstoff beispielsweise in eine Kapuze oder einen Kragen gefallen wäre oder sich in dem längeren Haar eines Besuchers verfangen hätte und dort zur Explosion gelangt wäre. Auch kann vor dem Hintergrund sich in jüngster Zeit häufender terroristischer Anschläge eine Massenpanik nicht ausgeschlossen wer-den, wenn urplötzlich ein sehr lauter Knall mitten in der Zuschauermenge ertönt. Auch die Art des Wurfs von unten und das sich danach anschließende demonstrativ unauffällige Verhalten des jungen Angeklagten zeigen, dass er sich des Unwertgehalts der Tat und seiner Dimension umfassend bewusst war.
Der junge Mann war im Oktober 2016 inhaftiert worden und saß bis zur Verhandlung in Untersuchungshaft. Bei der Höhe der Jugendstrafe berücksichtigte das Gericht, dass acht Menschen verletzt wurden und zum Teil noch immer Beeinträchtigungen haben.
Da der junge Mann durch die Untersuchungshaft deutlich beeindruckt sei und das Gericht die feste Hoffnung hegt, dass er auch ohne Strafvollzug in Zukunft keine Straftaten mehr begehen wird, wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Im Rahmen des Bewährungsbeschlusses untersagte die Richterin dem jungen Mann für die Dauer von einem Jahr die Teilnahme an Fußballveranstaltungen in sämtlichen Stadien. Außerdem muss er an jeden Geschädigten Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 500 zahlen.
Urteil des Amtsgerichts München vom 15.12.16, Aktenzeichen 1022 Ls 466 Js 220800 /16 jug
Das Urteil ist rechtskräftig.
Monika Andreß