Pressemitteilung 20 vom 12.03.2018
Hauptsache weg
Dem Fernweh des Angeklagten setzt das Jugendschöffengericht am Amtsgericht München vorübergehend enge Grenzen
Am 05.02.2018 verurteilte das zuständige Jugendschöffengericht am Amtsgericht München einen 21jährigen Arbeiter aus München v.a. wegen Computerbetruges und Betruges zu einer Jugendfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten.
Der Angeklagte hatte jeweils an den genannten Tagen unter Verwendung fremder Kontodaten Reisen auch für ein bis zwei Begleiter gebucht und zu den weiter genannten Daten durchgeführt: Mitte Mai 2016 zwei Reisen nach Ibiza von 17. mit 19.5 und 23. mit 25.5.16 im Wert von jeweils ca 200 €, dann am 1.8. nach Stockholm von 4. mit 9.8. im Wert von 2356 €, am 14.8. auf die Malediven von 17. mit 23.8. für 3507 €, am 30.8. nach Dubai von 31.8. mit 3.9. für 1100 €, am 2.9. nach Ibiza von 4.mit 6.9. für 1587 € und am 5.9. nach Madrid, Ibiza und Mallorca von 6. mit 13.9.16 für 2664 €. Die betrügerischen Buchungen wurden von den Kontoinhabern storniert, der Schaden blieb bei den Reiseunternehmen.
Schon in Kenntnis der diesbezüglichen Strafverhandlung, die auf Anfang Juli 17 bestimmt worden war, gab sich der Angeklagte gegenüber Bekannten als erfolgreicher Absolvent einer Designerschule aus, auf seinem New Yorker Bankkonto liege ein Millionenguthaben. Im Vertrauen auf sofortige Rückzahlung liehen sie ihm daraufhin im Mai und Juni 2017 2000, 4000 und 1400 €, die der Angeklagte aber dafür verwendete mit seiner damaligen Freundin nach Paris zu reisen, auch um sich so der Münchner Strafverhandlung zu entziehen.
Der geständige Angeklagte erklärte: „Ich habe damals schwierige Zeiten durchgemacht, es lief alles drunter und drüber. Ich hatte familiäre Probleme, versuchte mich von der Familie zu distanzieren. (...) Ich wollte einfach weg, darum ging es mir.“ Als der Angeklagte sich bei dem als Zeuge erschienen Bekannten entschuldigen wollte, zeigte dieser ihm im Sitzungssaal nur den ausgestreckten Mittelfinger.
Die zuständige Vorsitzende Richterin des Jugendschöffengerichtes begründete das Urteil wie folgt:
„Der Angeklagte begeht seit mehreren Jahren kontinuierlich zahlreiche und massive Straftaten. (...) Insbesondere sein Verhalten im Sommer 2017 zeigt, wie skrupellos der Angeklagte inzwischen beim Begehen von Straftaten ist. Eigene Freunde führt er mit einem unglaublichen Lügengebilde hinters Licht und entlockt ihnen für das eigene Vergnügen des Reisens, auf dessen Geschmack er gekommen war, enorme Geldbeträge - wissend, dass am 03.07.2017 die Hauptverhandlung (...) angesetzt war.“
Die verhängte Jugendstrafe konnte nach Auffassung des Gerichts, trotz bis zur Verhandlung gut vier Monate erlittener Untersuchungshaft, nicht zur Bewährung ausgesetzt werden: “Tatsächliche Anhaltspunkte, weshalb der Angeklagte nunmehr von seinem Hang, die Unwahrheit zu erzählen und sich fortwährend Einkommensquellen zu erschließen, Abstand nehmen sollte, sind nicht vorhanden.“
Die beantragte Einziehungsanordnung des Wertersatzes lehnte das Gericht wegen des darin liegenden Widerspruchs zu den Grundsätzen des Jugendgerichtsgesetzes ab, da die erlangten Werte dem Angeklagten hier nicht mehr tatsächlich zur Verfügung stünden.
Urteil des Amtsgerichts München vom 05.02.2018, Aktenzeichen 1015 Ls 455 Js 167072/16 jug
Das Urteil ist bei beidseitiger Berufung nicht rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst