Pressemitteilung 3 vom 12.01.2018
Nachbarlärm hat Grenzen
Den von einer Familie mit kleinen Kindern ausgehenden Lärm müssen Nachbarn nicht grenzenlos hinnehmen.
Das Amtsgericht München untersagte unter Androhung von Ordnungsgeld durch Urteil vom 4.5.2017 den Beklagten zu den in der Hausordnung festgesetzten Zeiten laute Unterhaltungen, insbesondere mit Geschrei zu führen, sowie Fernseher, Radio und sonstige Wiedergabegeräte über Zimmerlautstärke hinaus zu betreiben. In den genannten Zeiten haben sie es auch zu unterlassen, dass der übliche Lärmpegel von spielenden Kindern überschritten wird.
Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft eines achtstöckigen Hochhauses im Münchner Osten mit vier bis fünf Wohnungen pro Stockwerk. Eine dieser Wohnungen mit drei Zimmern wird seit sechs Jahren an die Beklagten, ein 41 und 29 jähriges Ehepaar mit zwei vier und sieben Jahre alten Kindern, vermietet. Die Hausordnung sieht Ruhezeiten von 12h bis 14h und 20h bis 7h vor.
Die Klägerin trägt vor, dass es zur Mittags- und Nachtzeit fast täglich zu Ruhestörungen durch die Beklagten käme, in dem sie sich weit über Zimmerlautstärke unterhielten, laut unter Benutzung der Freisprecheinrichtung telefonierten, häufig Besuch von mehreren Personen in den Abendstunden empfingen, laut Musik hörten, den Fernseher zeitgleich laut an hätten und in den Abendstunden häufig staubsaugten. Zudem verursachte die Familie Lärm durch Geschrei, Herumtrampeln, Springen und dadurch dass sie Gegenstände fallenlässt, Türen zuwirft und rhythmisch auf den Boden schlägt. Die Beklagten wurden - fast seit ihrem Einzug von den Miteigentümern immer wieder aufgefordert, die Störungen zu unterlassen. Die Situation änderte sich dadurch aber nicht.
Die Beklagten bestreiten die Ruhestörungen. Die Kinder gingen auch in der Ferienzeit spätestens gegen 20:00 Uhr bzw. 20:30 Uhr ins Bett. Die Beklagten hätten im vergangenen Jahr keinen Besuch gehabt.
Das Gericht vernahm die unter und unmittelbar neben der Wohnung der Beklagten lebenden Wohnungseigentümerinnen.
Die Nachbarin unterhalb legte ein von ihr geführten Lärmprotokoll vor und gab an, dass es täglich zum Teil bis nach Mitternacht laut gewesen sei, da die Erwachsenen schrien, sich laut unterhielten und zeitgleich den Fernseher laut betrieben. Die Kinder schrien, trampelten oder sprangen Seil. Mehrmals pro Woche seien fünf bis acht Kinder in der Wohnung der Beklagten anwesend gewesen. Zudem habe man oft nach 20:00 Uhr gestaubsaugt und Möbel verrückt. Die Zeugin habe mehrfach versucht mit dem Ehemann zu reden. Der habe aber lediglich gesagt, dass er alles machen könne, was er wolle. Die Zeugin sei schließlich 2017 aufgrund des Lärmes aus ihrer Eigentumswohnung in eine Mietwohnung umgezogen.
Ihre Angaben wurden von der weiteren Nachbarin und deren Lärmprotokoll bestätigt.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München glaubte den Zeuginnen und gab der Klagepartei Recht.
„Frequenz, Lautstärke und die Zeiten der Lärmentfaltung stehen nicht mehr im Zusammenhang mit einer adäquaten Wohnnutzung oder einer hinzunehmenden lebhaften Lebensäußerung von Kindern. Das von den Kindern ausgehende regelmäßige und über einen langen Zeitraum gehende laute Geschrei, Springen und Getrampel in der Wohnung weit nach 20:00 Uhr, Seilspringen in der Wohnung und das Herumfahren mit Kinderfahrrad und Roller im Hausflur geht über das hinaus, was bei Kindern üblicherweise hingenommen werden muss. Zudem haben sich die Beklagten auch rücksichtslos verhalten, indem sie auf mehrfache Aufforderungen der Hauseigentümer, den Lärmpegel zu senken, mit der Aussage reagierten, dass sie tun und lassen können, was sie wollten.
Urteil des Amtsgerichts München vom 04.05.2017, Aktenzeichen 281 C 17481/16
Das Urteil ist rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst