Pressemitteilung 33 vom 27.04.2018
Der Maibaum muss weg
Die unentgeltliche Erlaubnis, auf fremdem Grundstück einen Maibaum zu errichten, kann aus jedem vernünftigen Grund gekündigt werden.
Das Amtsgericht München verurteilte am 22.02.2018 den beklagten Verein zur Beseitigung eines auf dem Grundstück der Klagepartei aufgestellten Maibaumes.
Mit zuletzt bis 2023 verlängertem Vertrag von 1991 hatte die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft dem beklagten Verein unentgeltlich gestattet, auf ihrem Grundstück in München-Am Westkreuz auf eigene Kosten und Risiko einen Maibaum aufzustellen. Der Verein hatte seinerseits eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen und überdies erklärt, die Klagepartei von allen Haftungsansprüchen Dritter freizustellen.
Am 10.01.2015 musste die Feuerwehr den etwa 30 m hohen Maibaum umlegen, weil dieser in der vorangegangenen Sturmnacht in seiner Halterung gelockert worden war und bedenklich schwankte. Die Polizei musste dabei Teile der anliegenden Kreuzung sperren. Zu diesem Zeitpunkt waren 20 Motivtafeln am Baum angebracht.
Der Baum wurde nach längeren Diskussionen mit der Stadt und der Versicherung nach entsprechenden TÜV-Gutachten ohne Motivtafeln und Kranz im Dezember 2015 von dem Beklagten wieder sturmsicher aufgestellt, im Juli 2017 wurden von ihm aber wieder 10 Wappentafeln und 2 Kränze angebracht. Ein Gutachten, das dem mittlerweile in deutlich angerosteter Halterung verschraubten Baum auch mit diesen zehn Tafeln Standsicherheit bei Windgeschwindigkeiten über 100km/h (10 Beaufort) bescheinigen würde, wurde von dem beklagten Verein nicht eingeholt.
Der Beklagte ist der Auffassung, ein Maibaum ohne Tafeln sei wie ein Auto ohne Räder. In der Sturmnacht 2015 müsse ein Unbekannter die Befestigungsschrauben gelockert haben. Ein Schlosser habe entsprechend der TÜV-Auflagen u.a. beim Gassigehen sich jeweils mittels Abklopfen von Stamm und Halterung von der weiteren Standfestigkeit des Baumes überzeugt. Der Träger sei zwischenzeitlich entrostet worden.
Der Verwalter der Klagepartei erklärt, man sehe sich als Grundstückseigentümer einem hohen Haftungsrisiko ausgesetzt, zumal der Versicherungsschutz wegen Verletzung von Versicherungsbedingungen erloschen sei.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab der Klagepartei Recht.
Für Kündigungen von Gefälligkeitsverhältnissen genüge es, dass ein vernünftiger Grund für die Beendigung gegeben sei.
„Grundsätzlich bedeutet das Aufstellen eines Maibaums eine erhebliche Gefahrenquelle für Dritte, wobei die allgemeinen Gefahrenlagen eines Maibaums wie etwa Einsturz-Bruchgefahr sowie die Gefahr des Herabfallen von Teilen eine erhebliche Gefahrenerhöhung erfahren, wenn der Standort des Maibaums in unmittelbarer Nähe eines Gehwegs und einer stark frequentierten Straße liegt (…).
Zwar kann grundsätzlich ein Haftungsrisiko der an der Aufstellung und Betrieb eines Maibaums beteiligten Personen durch eine Haftpflichtversicherung abgemildert, wenn nicht beseitigt werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Versicherungsbedingungen nicht eingehalten werden, insbesondere erforderliche Kontrollen oder Nachweise nicht in der notwendigen Form oder Frist erfolgen und durch entsprechende Obliegenheitsverletzungen die Versicherung von der Leistung frei wird oder der Versicherungsanspruch gekürzt werden kann.(…)“.
Hätten regelmäßige Kontrollen stattgefunden, hätte es wohl nicht zu den im Juni 2016 festgestellten erheblichen Verrostungen kommen können.
„Um die Einhaltung der sich aus der Gefahrenlage ergebenden Verkehrssicherungspflichten im Hinblick auf die Haftungsfrage gewährleisten zu können, ist eine Untersuchung durch einen Sachverständigen oder Sachkundigen nach Ablauf bestimmter Standzeiten oder nach dem Eintritt potenziell gefahrenerhöhender Ereignisse, wie etwa nach Stürmen, notwendig.“
Ein Gutachten über den wieder mit 10 Wappentafeln und 2 Kränzen ausgestatteten Baum war vom beklagten Verein nicht eingeholt worden.
Urteil des Amtsgerichts München vom 22.02.2018, Aktenzeichen 155 C 20108/17
Das Urteil ist nach Berufung der Beklagtenpartei nicht rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst