Pressemitteilung 9 vom 02.02.2018
Brunnenbohrung im Altbau
Das Anbohren der Wasserleitung durch einen helfenden Freund gibt dem Vermieter keinen hinreichenden Kündigungsgrund.
Das Amtsgericht München wies durch Urteil vom 08.03.2017 den Antrag der Vermieterin gegen das mietende Ehepaar, einem Angestellten und einer Yogalehrerin, auf Herausgabe ihrer in Schwabing gelegenen 3½ Zimmer-Altbauwohnung zurück. Der durch einen helfenden Bekannten verursachte Wasserschaden rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts keine Kündigung des Mietvertrages.
Die Klägerin hatte Anfang November 2016 den Beklagten die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31.07.2017 erklärt. Ein Bekannter der Beklagten hatte Mitte Oktober 2016 einen Wasserschaden anlässlich der Anbringung neuer Sockelleisten im „Yoga-Zimmer“ verursacht. Zur Anbringung der Sockelleisten verwendete er Dübel, die 3 cm in die Wand gingen, und bohrte dabei die Hauptwasserleitung an, die nach einem rechtwinkligen Knick unter Putz in der Höhe der Fußleiste verläuft. Weder die Beklagten noch der Helfer hatten vor der Anbringung der Fußleisten den Leitungsverlauf mit einem Metalldetektor geprüft oder sich beim Vermieter über den Leitungsverlauf erkundigt. Für die Trocknung der Mietwohnung sowie der darunterliegenden Büroräume sowie für die Wiederherstellung des Mauerwerks, Verputzen und Erneuerung der Stuckarbeiten an den Decken des darunterliegenden Büros sind Kosten i.H.v. 7.367,11 € entstanden. Der Schaden war noch nicht ausgeglichen Der Mieter der unter der streitgegenständlichen Wohnung befindlichen Büroräume hat eine Mietminderung i.H.v. 1.576,50 € für die Dauer der notwendigen Schadensbehebungsmaßnahmen angekündigt.
Die Klägerin ist der Ansicht, es hätte sich den Beklagten angesichts durch frühere Bauarbeiten an anderer Stelle offen gelegter spiegelbildlich verlaufender Wasserleitung geradezu aufdrängen müssen, dass auch im Yoga-Raum von einem solchen Leitungsverlauf auszugehen sei. Es habe auch bereits zwei Jahre zuvor einen nicht näher beschriebenen Wasserschaden gegeben. Der Schaden sei auch noch immer nicht reguliert worden.
Die Beklagten tragen vor die Prüfung des Leitungsverlaufs mit einem Metalldetektors sei nicht möglich gewesen, weil sowohl an der Wand als auch am Fußboden der Detektor breitflächig Metallalarm ausgelöst habe, möglicherweise da neben dem Heizungsrohr in der Wand eine nicht isolierte Elektroleitung verlegt ist. Der Leitungsverlauf sei den Beklagten weder bekannt noch erkennbar gewesen, sei darüber hinaus auch unüblich und entspreche nicht technischen Standards.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München sah im Anbohren der Leitung keine schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung, die eine Kündigung rechtfertigen könnte.
„Das Gericht sieht es als fahrlässige Pflichtverletzung an, Sockelleisten mit Dübeln, die so lang sind, dass sie 3 cm in die Wand ragen, zu befestigen, wenn einem der Leitungsverlauf weder positiv bekannt noch dieser durch den Einsatz eines Metalldetektors abgeklärt ist. (...) Hier hat der Wasserschaden zwar zu einem beträchtlichen finanziellen Schaden geführt, aber zum einen steht zu erwarten, dass die Klägerin hierfür Versicherungsleistungen bekommen wird und zum anderen ist den Beklagten lediglich einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen. (...) Einem groben Fahrlässigkeitsvorwurf steht entgegen, dass das senkrechte Abknicken der Leitung unter Putz von außen nicht erkennbar war und auch keinem allgemein üblich bekannten Leitungsverlauf entspricht. (...) Es ist bekannt, dass Schadensregulierungen durch Versicherungen Zeit in Anspruch nehmen, dass dies auf schuldhaftem Verhalten der Beklagten beruht, ist nicht ersichtlich“.
Urteil des Amtsgerichts München vom 08.03.2017 Aktenzeichen 424 C 27317/16
Das Urteil ist seit 28.11.2017 nach Zurückweisung der Berufung rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst