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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 10 vom 04.02.2019

Heilsame Haft

Die in der Haft veränderte Medikation bringt Verurteiltem deutliche Besserung

Am 10.12.2018 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 64-jährigen mehrfach geschiedenen früheren Dekorateur aus München wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in vierzehn Fällen, unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung. Gleichzeitig wurde ihm auferlegt 200 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten, sowie die Weisungen erteilt, die in der Haft begonnene Medikation fortzusetzen, den Konsum illegaler Drogen zu unterlassen und die Ergebnisse der bei seinem behandelnden Arzt regelmäßig durchgeführten Drogenkontrollen dem Gericht mitzuteilen.

Mit ca. 16 Jahren begann der Verurteilte Alkohol und Drogen zu konsumieren. Nach dem Tod seiner letzten Lebensgefährtin steigerte der Angeklagte seinen Verbrauch von Marihuana auf bis zu 3 Gramm alle zwei bis drei Tage.

Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte gab an, dass er mit Kollegen eine Reihe von Jugendlichen, fast Kindern, mit einem auffälligen Verhalten beobachtet habe. Die Jugendlichen schilderten den Polizeibeamten dann, dass sie vom Verurteilten Drogen kaufen wollten und dies auch - in der einen Gruppe in mindestens zehn Fällen zu einem Grammpreis von 10 bis 11 Euro, in der anderen Gruppe in mindestens vier Fällen zu einem Grammpreis von 15 Euro - innerhalb der letzten drei Monate getan hätten. Bei der am 1.3.2018 durchgeführten Wohnungsdurchsuchung wurden 89,59 Gramm Haschisch und 21,12 Gramm Marihuana aufgefunden, nicht aber weitere typische Händlerutensilien.

Der Verurteilte, der nach der Durchsuchung sogleich in Untersuchungshaft gekommen war, hatte die Taten eingeräumt und gab in der Verhandlung weiter an, dass er von einem Fernsehsender 600 Euro erhalten habe, damit man seine Wohnung filmen durfte, weil er Messie sei. Weitere 1.000 Euro habe er von einer Versicherung wegen eines Wasserschadens in seiner Wohnung erhalten. Das Geld habe er in Drogen umgesetzt, um damit seine psychischen Probleme in den Griff zu bekommen. Die Jugendlichen seien ihm von seinem Händler geschickt worden. Zuerst habe er diesen nichts abgeben wollen, dann aber doch nachgegeben. Das damit eingenommene Geld habe ihm bei der Finanzierung seiner Drogen geholfen.
Der psychiatrische Sachverständige schilderte, dass der Verurteilte am Anfang der Haft v. a. durch einen ausgeprägten krankhaften Redefluss (Logorrhoe) aufgefallen sei. Es sei teilweise nicht möglich gewesen mit ihm ein vernünftiges Gespräch zu führen, weil er sich in weitschweifigen Ausführungen verloren hätte. Dies sei im späteren Haftverlauf anders gewesen. Der Verurteilte habe ihm mitgeteilt, dass die von den Anstaltsärzten veränderte Medikation sehr gut anschlage und die Wirkung habe, die er sonst durch den Konsum von Marihuana erzielen wollte. Seine Beschwerden hätten sich seitdem sehr stark verbessert.

Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil des Schöffengerichts wie folgt:
„Bei der Strafzumessung war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er ein vollumfängliches Geständnis abgelegt hat, auch hinsichtlich der Taten, die die Polizei nicht selbst beobachtet hatte und für die als Zeugen nur die anderweitig verfolgten minderjährigen Drogenabnehmer zur Verfügung standen. Denen konnte daher eine Aussage erspart bleiben. (...) Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte, der ohnehin ein einfacher Mann ist, unter einer psychischen Grunderkrankung leidet, die zu vielfältigen Schwierigkeiten in seinem Leben führte und bisher offenbar nicht richtig behandelt wurde. (...)
Zu Lasten des Angeklagten wirken die 13 Einträge im Bundeszentralregister. Allerdings ist die letzte Tat, die dem Angeklagten nach dem Bundeszentralregisterauszug vorgeworfen wird (...) neun Jahre her. Dies zeigt, dass der Angeklagte durchaus Willens ist Hilfe anzunehmen. (...) Das Gericht ist überzeugt davon, dass der gleichzeitig mit dem Urteil erlassene Bewährungsbeschluss mit seinen Weisungen geeignet ist, dafür zu sorgen, dass sich der Angeklagte in Zukunft nicht mehr strafbar machen wird. Der Angeklagte hat eine feste Wohnung und ist gemeinnützig (...in der Seniorenarbeit...) tätig. All dies würde zunichte gemacht, wenn der Angeklagte nun ins Gefängnis müsste.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 14.12.2018, Aktenzeichen 1116 Ls 363 Js 133181/18
Das Urteil ist rechtskräftig.


Klaus-Peter Jüngst

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