Pressemitteilung 16 vom 25.02.2019
Schmerztabletten
Auch der Handel mit Betäubungsmittelimitaten ist strafbar.
Am 24.01.2019 verurteilte die zuständige Jugendrichterin am Amtsgericht München einen zwanzigjährigen verheirateten arbeitssuchenden Bulgaren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmittelimitaten zu zwei Wochen Dauerarrest, von deren Vollstreckung im Hinblick auf die ab der Tatbeobachtung erlittene zweimonatige Untersuchungshaft abgesehen wurde.
Am 17.10.2018 führte der Verurteilte in der Schwanthaler Straße, Ecke Schillerstraße, in München insgesamt drei Plomben mit je 0,5 Gramm einer zerriebenen Schmerztablette mit sich, um diese als Kokain zu verkaufen. Gegen 21.45 Uhr verkaufte er eine dieser Plomben als angebliches Kokain zum Preis von 100 EUR an den Zeugen.
Der Verurteilte hatte bereits als Kind über zwei Jahre wechselnd in Deutschland gelebt, seine Schulpflicht aber in seiner Heimat erfüllt. Er gab vor Gericht weiter an im Alter von siebzehn Jahren nach den Bräuchen einer türkischstämmigen Minderheit geheiratet zu haben, woraus ein zweijähriges Kind hervorgegangen sei. Er lebe mit seiner kleinen Familie bei seinen Eltern, wo er nur hin und wieder Arbeit auf dem Feld gefunden habe. Er sei etwa zwei bis drei Wochen vor der Tat nach München gekommen, um hier die ihm von einem Bekannten in Aussicht gestellte Arbeitsstelle auf dem Bau anzutreten. Da er nicht korrekt bezahlt worden sei, habe er gekündigt. Nun wolle er in den Niederlanden nach Arbeit suchen. Dort lebe eine Verwandte.
Die Tat räumte er ein: Er habe seine Schwester, die hier in München wohnt, nicht angetroffen. Er habe bei einem Freund übernachtet. Er sei auf die Idee gekommen Schmerztabletten klein zu machen und als Betäubungsmittel zu verkaufen. Er habe es für 100,00 EUR pro Einheit verkaufen wollen. Bereits der erste Versuch sei gescheitert.
Die zuständige Jugendrichterin begründete ihr Urteil, in dem sie weitgehend der Anregung der Jugendgerichtshilfe wie auch den Anträgen des Staatsanwalts wie des Verteidigers gefolgt war, wie folgt:
„Bei der Ahndung war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte voll umfänglich geständig war und zum Zeitpunkt der Tat in Deutschland nicht vorgeahndet war. Der Angeklagte lebte zur Tatzeit aber auch erst kurze Zeit in Deutschland.
Der Angeklagte trieb zwar Handel mit Betäubungsmittelimitaten, jedoch wurden diese als sog. harte Droge ausgegeben. Die hierfür vorgesehene Menge war gering.
Der Angeklagte befand sich über zwei Monate hinweg erstmalig in Untersuchungshaft. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Zeit bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hat und ihn von künftigen Straftaten abhalten wird. Der Angeklagte ist der deutschen Sprache nicht mächtig und erhielt keinen regelmäßigen Besuch, was seine Haftempfindlichkeit erhöht.
Um dem Angeklagten das Ausmaß seiner Verfehlung deutlich vor Augen zu führen, war es erzieherisch erforderlich, gegen ihn zwei Wochen Dauerarrest zu verhängen. Mit Rücksicht auf die erlittene Untersuchungshaft wird der Arrest jedoch nicht vollstreckt.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 17.12.2018, Aktenzeichen 1015 Ds 363 Js 202167/18 jug
Das Urteil wurde nach allseitigem Rechtsmittelverzicht sogleich rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst
P.S.: Im Urteil nach Jugendstrafrecht können Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und schließlich Jugendstrafe verhängt werden. Das Zuchtmittel in Form von Jugendarrest mit einer Dauer von mindestens zwei Tagen bis zu vier Wochen ist die höchste Sanktionsstufe unterhalb der Jugendstrafe, die wiederum aufgrund des Erziehungsgrundsatzes, der allgemein das Jugendstrafrecht wie auch im Besonderen den Jugendstrafvollzug beherrscht, nicht kürzer als sechs Monate sein darf.
Der Grund für die Anordnung der Untersuchungshaft lag hier im fehlenden festen deutschen Wohnsitz.