Pressemitteilung 33 vom 29.04.2019
Gerichtsvollzieher sind nicht vogelfrei
Wer einen Gerichtsvollzieher mit unberechtigten Forderungen einzuschüchtern versucht, um der Zwangsvollstreckung zu entgehen, hat mit Strafe zu rechnen
Am 05.02.2019 verurteilte der zuständige Strafrichter am Amtsgericht München einen 71-jährigen verrenteten Physiker aus München wegen versuchter Erpressung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 €. Darüber hinaus zog er Computer nebst Drucker und Speichermedien ein, die vom Verurteilten zur Begehung der Tat verwendet worden waren.
Am 25.04.2017 hatte eine Münchner Gerichtsvollzieherin den Verurteilten im Zuge der Zwangsvollstreckung wegen unbezahlter GEZ-Beiträge und Kosten für den 23.05.2017 zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgeladen.
In einem ersten Schreiben vom 12.05.2017 an die Privatadresse der Gerichtsvollzieherin teilte er ihr mit, dass er ihr Schreiben als Angebot erkannt habe und dieses „entschieden zurück[weise]". In einem weiteren Schreiben vom 19.06.2017 an deren Privatadresse, wie auch in nahezu inhaltsgleichen Schreiben an den Justizminister, den Präsidenten des Amtsgerichts, den Leitenden Oberstaatsanwalt und den Polizeipräsidenten forderte er die Einstellung der Zwangsvollstreckung und wörtlich: „Sie werden aufgefordert mir unter gesetzmäßiger Authentifizierung schriftlich mitzuteilen, in welcher Identität und Autorität nach UCC 3-501 die oben genannten Entitäten (AMTSGERICHT MÜNCHEN und die Firma GERICHTSVOLLZIEHERIN (N.N.)) handeln, wer der tatsächliche Haftungsgläubiger ist und nach welchem Rechtsprinzip und in welcher Jurisdiktion ein rechtmäßiger Prozess stattzufinden hat. Zugleich sind folgende Dokumente zur Vorlage erforderlich: - der Originalvertrag zum Schulddokument und der Authentisierung seines Herausgebers, - die Akkomodationsvereinbarung, - eine wahre Rechnung ("True Bill"). (...) Ich fordere Sie als Treuhänder auf, oben geforderte Nachweise bis zum 10.07.2017 zu erbringen durch ordnungsgemäße vereidigte Erklärung, Punkt für Punkt, spezifisch und genau, unter voller Rechenschaftspflicht und Haftbarkeit, unter Strafe für Eidbruch und geltendem Recht oder jeglichem Recht, sofern es identifiziert ist und mit nasser Tinte unterschrieben und ich fordere Sie auf, mit Ihrem Autograf zu unterzeichnen. Nutzen Sie diese Frist nicht oder erbringen Sie nicht die geforderten Beweise und widerlegen meine Tatsachen und Annahmen nicht rechtskräftig und/oder unvollständig oder nicht in dieser Frist, gilt dies als Ihre rechtsverwertbare unwiderrufliche und absolute Zustimmung zu den dargestellten Fakten, Tatsachen und Annahmen mit allen daraus folgenden Konsequenzen für Sie als Unternehmen und für alle Ihre an dem Vorgang beteiligten Angestellten, Arbeitnehmer, Personal und dritte Erfüllungsgehilfen, jeder für sich persönlich und mangels Staatshaftung nach UCC 1-305 in privater Haftung...“ Er legte „Allgemeine Handelsbedingungen und Gebührenordnung (AGBS)“ bei, in denen er pauschalierte Schadensersatzforderungen aufführte, die er gegebenenfalls geltend machen würde.
Diese Schreiben hatten keinen Einfluss auf den Fortgang des Vollstreckungsverfahrens.
Der gehbehinderte Verurteilte konnte in der Hauptverhandlung nur mit Mühe dazu gebracht werden, Platz zu nehmen, erklärte nach Reichsbürgermanier der Mann N. aus dem Hause N. zu sein. Er sei Statusdeutscher, mithin Deutscher ohne Staatsangehörigkeit, aus der er entlassen werden wolle. Er gab an: „Die Schreiben hab ich geschrieben. Das sind rechtmäßige Instrumente, das ist alles in Ordnung. Es sind keine Rechnungen versandt worden. Das war ein Versuch mich zu verteidigen. Wenn da was falsch wäre, hätte man in der Aufklärungspflicht sagen sollen was da nicht richtig ist und dies begründen. (...) Auch wenn ich da nicht als Laie gut darüber informiert war, das muss man aber nicht gleich mit Straftat anfangen und bestrafen.“
Der Richter wertete zugunsten des Verurteilten, dass „...es sich um einen eher untauglichen, wenngleich keinesfalls grob untauglichen Versuch handelte und die angeschriebenen Personen ihr dienstlich rechtmäßiges Verhalten auf Drohungen des Angeklagten tatsächlich nicht änderten. Zugunsten des Angeklagten spricht zudem seine insgesamt nicht einfache Lebenssituation.
Zu Lasten des Angeklagten sprechen seine Vorstrafen.“ - Gegen ihn waren bereits zwei kleine Geldstrafen verhängt worden. - „Fernerhin spricht zu Lasten des Angeklagten, dass er 5 tateinheitliche versuchte Erpressungen beging gegenüber mehreren Geschädigten. Darüber hinaus sprechen zu Lasten des Angeklagten die massiven in Aussicht gestellten Folgen für die Geschädigten.
Urteil des Amtsgerichts München vom 05.02.2019, Aktenzeichen 851 Cs 117 Js 198412/17
Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst