Pressemitteilung 47 vom 17.06.2019
Polizistenmasche – der Abholer
Ein von den Hintermännern zur Abholung des Geldes angeheuerter Berliner wird zur Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt
Am 24.05.2019 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 23jährigen ledigen Berliner, der eine Ausbildung zum Koch abgebrochen hatte und zuletzt 2016 im Sicherheitsdienst eines Flüchtlingsheims beschäftigt war, wegen versuchten Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung.
Am 29.10.2018 gegen 19:55 Uhr rief ein Unbekannter mit bayerischem Akzent beim 75-jährigen Geschädigten in München an und gab sich als „Martin Renz von der Kriminalpolizei" aus. Eine rumänische Einbrecherbande wolle beim Geschädigten einbrechen, weshalb seine Wertgegenstände nicht mehr sicher seien. Geschickt befragt erklärte der Geschädigte – obwohl er bereits Zweifel am Wahrheitsgehalt des Anrufes hatte - dass er ein Bankguthaben in Höhe von etwa 28.000 EUR habe. Unmittelbar nach diesem Gespräch verständigte der Geschädigte den polizeilichen Notruf und wurde dann im weiteren Geschehen von der echten Polizei betreut. Ab 30.10.2018 ab 10:35 Uhr wurde der Geschädigte von zwei unterschiedlichen Unbekannten abwechselnd kontaktiert und dazu aufgefordert, 23.000 EUR von seiner Bank abzuheben, da das Bargeld kontrolliert werden müsse. Die Einbrecherbande würde mit einem Mitarbeiter der Bank des Geschädigten zusammenarbeiten, weshalb nunmehr der Verdacht bestünde, dass dort Falschgeld ausgegeben werde. Der Geschädigte ging zum Schein darauf ein.
Parallel zu den geschilderten Keileranrufen fuhr der Verurteilte am Nachmittag des 30.10.2018 auf Geheiß eines bislang unbekannten Logistikers namens „Omar" mit dem Pkw von Berlin nach München, wo er gegen Zahlung von 1.000 EUR ein Päckchen entgegennehmen und nach Berlin bringen sollte. Während der Fahrt nach München hielt der Angeklagte fortwährenden Kontakt mit dem unbekannten Hintermann und tauschte sich mit diesem hinsichtlich des aktuellen Tatgeschehens aus.
Gegen 21:15 Uhr wurde der Geschädigte, der nahezu den gesamten Tag in Gespräche verwickelt worden war, erneut durch einen der beiden Unbekannten angerufen und nunmehr dazu aufgefordert, sich zu seiner Haustür zu begeben und dort das abgehobene Bargeld an einen Polizeibeamten zu übergeben. Das Geld solle auf Fälschungsmerkmale überprüft werden. Der Verurteilte befand sich bereits vor Ort und ging auf Anweisung des bislang unbekannten Logistikers zur Haustür des Geschädigten, wobei er sah, dass es sich bei dem Geschädigten um eine ältere und gehbehinderte Person handelte, die betrogen werden sollte. Wie ihm zuvor von dem „Omar“ aufgetragen worden war, gab er dem Geschädigten gegenüber an, dass er „vom Herrn Schneider komme“ und hielt ihm sein Handy ans Ohr, an welchem die Person, die mit dem Geschädigten schon zuvor unter diesem Namen mit ihm längere Zeit kommuniziert hatte, diesen aufforderte, nun das Geld zu übergeben und später weitere 5.000 EUR zu überweisen. Nachdem der Verurteilte den Briefumschlag mit der vermeintlichen Tatbeute entgegen genommen hatte wurde er durch Einsatzkräfte in Zivil fest- und danach in Untersuchungshaft genommen.
Der adipöse, bisher nur mit kleineren Verkehrsdelikten in Erscheinung getretene Verurteilte ließ über seine Verteidigerin vortragen, dass er relativ kurz vor der Tat wieder einmal in einer Spielbank gewesen sei und dort von seinen Geschwistern zur Verfügung gestelltes Geld verspielt habe. Er sei mit einer anderen Person ins Gespräch gekommen, später auch Essen gegangen. Diese Person habe ihm angeboten 1.000 EUR zu erhalten, wenn er irgendetwas irgendwo abhole. Er habe sich nur vergewissert, dass es sich nicht um Drogen handele, alles andere sei ihm jedoch egal gewesen.
Der 75-jährige Zeuge erklärte vor Gericht: „Ich habe eigentlich mit der Sache abgeschlossen. Es ist halt so, dass ich nicht weiß, was noch kommt, was haben die vor. Die wissen meinen Namen, die wissen meine Adresse. Der das Geld abgeholt hat, weiß auch dass ich da sitze. Was sie vorhaben oder weiter vorhaben. Ich weiß es nicht. Das ist die Beunruhigung, weil ich nicht weiß welcher Clan dahinter steckt.“
Die Vorsitzende Richterin wertete in der schriftlichen Urteilsbegründung zu Gunsten des Verurteilten insbesondere sein Geständnis, dass er das größte Entdeckungsrisiko bei geringstem Anteil an dem Tatertrag zu tragen hatte und sich fast sieben Monate in Untersuchungshaft bei großer Distanz zu seiner in Berlin wohnenden Familie befunden hat. Zu Lasten des Angeklagten berücksichtigte sie mehrere Vorahndungen und Vorstrafen, die Höhe des beabsichtigte Schadens und dass sich die Tat gegen ein älteres und gehbehindertes Opfer gerichtet hat.
Urteil des Amtsgerichts München vom 24.05.2019, Aktenzeichen 813 Ls 381 Js 206617/18
Das Urteil ist rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst