Menü

Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 49 vom 24.06.2019

Tankstellenmissbrauchsversuch

Die wehrhafte 24jährige Geschädigte entging nur knapp einem sexuellen Übergriff

Am 16.05.2019 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 34jährigen verlobten Münchner Techniker wegen versuchten sexuellen Übergriffs, Körperverletzung und Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung und legte dem folgenden Sachverhalt zugrunde:
Am 19.03.2018 gegen acht Uhr kaufte der Angeklagte in einer Tankstelle im südlichen Landkreis München bei der 24jährigen Aushilfskassiererin per Kreditkarte zunächst Getränke und nach erneuter Rückkehr in bar einen Schokoriegel, um dann die Kundentoilette aufzusuchen. Auf dem Weg dorthin steckte er im Verkaufsraum noch eine Kondompackung ohne Bezahlung ein. Anschließend behauptete er gegenüber der Verkäuferin fälschlich, er hätte peinlicherweise die Toilette verstopft. Er öffnete die Ausgangstüre und ließ sie von innen wieder zufallen, um vorzutäuschen, dass er den Verkaufsraum verlassen habe. Tatsächlich ging er wieder zur Kundentoilette und versteckte sich dort hinter der Tür. Er öffnete die Packung und hielt ein Kondom bereit. Die Verkäuferin ging mit einer Saugglocke in Richtung der Kundentoilette. Da die Toilette offen stand, hielt die Geschädigte sie für leer. In der Toilette trat der Angeklagte hinter der Tür hervor. Die Geschädigte erschrak und wich so weit wie möglich in dem engen Raum zurück. Der Angeklagte schloss langsam die Tür und grinste die Geschädigte an. Die Geschädigte geriet daraufhin in Panik und versuchte mit beiden Händen mit aller Kraft die auf zehn Zentimeter geschlossene Türe aufzureißen. Außerdem stellte sie ihr Bein in den Türspalt. Nach zehn bis zwanzig Sekunden realisierte der Angeklagte, der die Tür nicht hatte schließen können, dass er seinen Plan nicht umsetzen konnte und ließ die Geschädigte, die beim Kampf Hämatome erlitten hatte, die Toilette verlassen. Sie schloss sich selbst erst auf der Mitarbeitertoilette ein und rief dann die Polizei herbei, während der Angeklagte sich mit seinem PKW entfernte.

Der Angeklagte, der in der Verhandlung vom Schweigerecht Gebrauch gemacht hatte, erklärte erst in seinem letzten Wort, dass er niemand vergewaltigen wollte. Die Kassiererin habe wohl was in den falschen Hals bekommen und mit dem Pömpel auf ihn eingeschlagen.
Die Zeugin erklärte: „Aggressiv oder hysterisch war er nicht, er war ruhiger als ich. Er war unentschlossen. Er war sich seiner Sache nicht sicher. Er sagte, „ok ich geh“. Er hat die Hände nach oben getan. (...) Es war erste Zeit für mich schwer zu arbeiten, danach musste ich ja Geld verdienen. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr verdränge ich es. Ich habe keine fremde Hilfe in Anspruch nehmen müssen. (...) Ich bin keine Kassenkraft mehr. Sowas kann mir nicht mehr passieren.“

Der Vorsitzende Richter stütze in der schriftlichen Urteilsbegründung seine Sicherheit vom oben geschilderten Tatablauf neben der Aussage der Geschädigten zum einen auf die eingesehenen Videoaufzeichnungen vom Geschehen im Verkaufsraum, wo neben dem Zeitablauf der Griff zur Kondompackung wie auch das Öffnen und Schließen der Ausgangstür von innen zu sehen gewesen sei. Weiter sprächen für den Tatablauf die vor Ort gefundene aufgerissene Kondomhülle und die an der Geschädigten ärztlich festgestellten Hämatome.
„Zwar ist erstaunlich, dass der Angeklagte dieses Vorhaben geplant hatte, obwohl ihm klar gewesen sein musste, dass es Kameraüberwachungen gibt und der Angeklagte leicht identifizierbar ist. Auch fuhr der Angeklagte mit einem PKW vor, sodass es nicht schwierig gewesen wäre, ihn zu identifizieren anhand des Nummernschilds. Auch bezahlte der Angeklagte mit einer Kreditkarte. Das Gericht hat in seine Erwägungen einbezogen, dass ein vorsichtiger Täter an einem solchen Ort angesichts des hohen Entdeckungs- und Wiedererkennungsrisikos keine solche Tat begehen würde. Allerdings sprechen die bereits genannten Umstände derart deutlich für einen entsprechenden Tatentschluss, dass Bedenken hinsichtlich einer Tatausführung trotz Entdeckungsrisiko nicht durchgreifen. Sie sind nicht geeignet, Zweifel an den Feststellungen bezüglich des Tatentschlusses zu begründen.“
Der Angeklagte habe die Tat auch nicht freiwillig aufgegeben: „Denn zu berücksichtigen ist, dass es dem Angeklagten nicht gelungen war, die Toilettentür zu schließen. Die Nebenklägerin leistete heftigen Widerstand, was auch ihre Verletzungen belegen. Dem Angeklagten musste nun klar sein, dass jederzeit ein Kunde die Tankstelle betreten kann.“
„Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Denn besondere Umstände, die nach Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten eine Strafaussetzung zur Bewährung rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Zwar lebt der Angeklagte in geordneten sozialen Verhältnissen. Angesichts der Erheblichkeit der Tat ist jedoch eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht vertretbar. Zu berücksichtigen ist hier, dass der Angeklagte nicht ansatzweise versucht hat, zu einem Täter-Opfer-Ausgleich beizutragen.

Urteil des Amtsgerichts München vom 16.05.2019, Aktenzeichen 832 Ls 454 Js 129336/18
Das Urteil ist wegen Berufungen von Staatsanwaltschaft wie Verteidigung nicht rechtskräftig

Klaus-Peter Jüngst

Download Pressemitteilung