Menü

Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 74 vom 16.09.2019

Teure Wiesnanmache

Wiesngrabscher muss sich ernüchternder Strafverhandlung unterziehen

Am 18.02.2019 verurteilte die zuständige Strafrichterin am Amtsgericht München einen 28jährigen ledigen Bauingenieur aus Freising wegen sexuellen Übergriffs zu einer Geldstrafe von 5.400 € (90 Tagessätze zu je 60 €).

Am Sonntag, den 07.10.2018 gegen 20.30 Uhr, tanzte der Verurteilte in einem Bierzelt auf dem Oktoberfest auf der Bank neben der 34jährigen Geschädigten aus dem Raum Günzburg. Der Verurteilte fragte die Zeugin, ob sie mit ihm von der Bank nach unten gehen, ein bisschen tanzen und mit ihm „rummachen“ möchte. Diese antwortete mit einem deutlichen Nein und drehte sich vom Verurteilten weg. Der Verurteilte fasste ihr nun an ihre linke Gesäßhälfte, worauf die Geschädigte sich zu ihm umdrehte und ihn bat, sie in Ruhe zu lassen. Die Geschädigte drehte sich wiederum ihren Begleiterinnen zu, woraufhin der Verurteilte sie von hinten umarmte und mit der linken Hand ihre rechte Brust drückte. Die erzürnte Geschädigte erklärte lautstark, dass er beim nächsten Mal „eine fangen“ werde. Als der Verurteilte ihr lachend erneut zielgerichtet ans Gesäß fasste, schlug die Geschädigte mit der linken Faust zu und traf seitlich leicht den rechten Unterkiefer des Verurteilten. Der lachte nur und griff nochmals an das Gesäß der Geschädigten, die ihn wütend anschrie.
In der Folgezeit mischte sich auch der Begleiter des Verurteilten massiv in das Geschehen ein und drohte der Geschädigten mit der Faust.

Der Verurteilte gab vor Gericht an: „Mir tut es leid, wenn ich sie belästigt habe. Ich wollte ihr keinen Schaden zufügen. Die Aussage, dass ich „eine fangen“ würde, kam akustisch nicht bei mir an. Wenn ich gewusst hätte, dass sie ein Problem mit mir hatte, dann wäre ich weggegangen. Ich weiß auch nicht, warum sie nicht weggegangen ist. Ich war geschockt, dass sie mir eine Faust gegeben hat. Ich habe ihr nicht an den Hintern gefasst. Es kamen dann auch fünf Polizisten. Ich wusste nicht warum die mich festgehalten haben. Auf einmal kam die Geschädigte raus und hat mit dem Finger auf mich gezeigt und gesagt, dass ich das war. (...) Ich wurde auch noch nie vom Bierzelt raus geworfen. Als ich die Anklage bekommen habe, wusste ich erst, dass es um eine sexuelle Belästigung geht. (...) Ich hatte vier Maßen getrunken. Und eine fünfte habe ich schon stehen gehabt. Wir waren ab zehn Uhr im Oktoberfest. (...) Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das mit dem „rum machen“ gesagt habe. Ich war schon betrunken. Ich war in Partystimmung. Wir sind auf der Bierbank gesprungen. Die Bank ist zuvor auch durch das Springen durchgebrochen. Ich würde niemals einer Frau absichtlich an die Brust fassen.“

Die Geschädigte bezeugte die Tat wie geschildert. „Sein Kollege hat mich dann auch festgehalten und hat mir gedroht, dass er mich schlägt. Mir geht es beschissen, man macht das nicht. (...) Ich bin dann auch zu den Ordnern gegangen. Am Anfang hätte ich es auch bei einer Entschuldigung belassen. (...) Er war sehr uneinsichtig und hat angefangen zu pöbeln gegenüber der Wiesenwache.“

Die Sachverständige erklärte, dass anhand der für den Verurteilten zum Vorfallszeitpunkt errechneten Alkoholisierung von maximal 1,79, wahrscheinlich 1,26 Promille eine Minderung der Schuldfähigkeit nicht auszuschließen sei.

Die zuständige Richterin begründete ihr Urteil wie folgt:
„Das Gesetz sieht für den sexuellen Übergriff sechs Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Aufgrund der Tatsache, dass der Angeklagte bis dato strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, im Übrigen sozial integriert ist, sich deutlich und von Einsicht und Reue getragen entschuldigt hat und auch die Voraussetzungen (...einer alkoholbedingt verminderten Schuldfähigkeit...) nicht auszuschließen sind, nahm das Gericht einen minder schweren Fall an.“ Das Gericht verschob auch wegen der Schadenswiedergutmachung den Strafrahmen nach unten. „Im Rahmen des so gefundenen Strafrahmens sprach zu Lasten des Angeklagten seine Hartnäckigkeit zum Nachteil der Geschädigten. Er ließ sich auch von ihrer körperlichen Abwehr nicht zur Einsicht bringen. Die Geschädigte zeigte sich nach wie vor emotional beeindruckt durch das Verhalten des Angeklagten und seines ihr drohenden Begleiters. Andererseits war zu sehen, dass er die Tat eingeräumt hat, die Verantwortung dafür übernommen hat, sich im Rahmen eines Gesprächs in der Hauptverhandlung bei der Geschädigten mehrfach entschuldigt und verstanden hat, was sein Verhalten für die Geschädigte bedeutete. Der Angeklagte hat die Verantwortung für sein Verhalten übernommen, sein Opfer regelrecht gebeten, einen Entschädigungsbetrag (...von 1000 €...) anzunehmen, damit ihm durch seine „Dummheit“ nicht seine Zukunft verbaut wird. Die Geschädigte zeigte sich dazu bereit.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 18.02.2019, Aktenzeichen 821 Ds 454 Js 208997/18
Das Urteil ist rechtskräftig.

Klaus-Peter Jüngst

Download Pressemitteilung