Pressemitteilung 13 vom 17.02.2020
Milieutritt
Versuchter Raub mittels Fußtritt führt den Angeklagten umgehend zurück in die Haft
Am 09.12.2019 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 30jährigen Münchner wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem Raub zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung.
Der Angeklagte traf am 01.09.2019 gegen 11:20 Uhr an der Kreuzung Schützenstraße / Luitpoldstraße in München auf den Geschädigten, der vom Angeklagten zwei Diazepamtabletten für passend bereitgehaltene vier Euro erwerben wollte. Nachdem er das Geld an den Angeklagten übergeben hatte, sagte dieser zum Geschädigten „Jetzt habe ich dich abgelinkt“. Der Geschädigte wollte seine Münzen zurückhaben und versuchte diese aus der Jogginghosentasche des Angeklagten zu holen. Die Münzen fielen zu Boden. Als der Geschädigte sich danach bückte, trat ihm der Angeklagte so ins Gesicht, dass der Geschädigte dadurch ein Schädelhirntrauma und eine Nasenbeinfraktur erlitt, die operiert werden musste. Eine beim Angeklagten um 16:58 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Wert von 2,22 Promille sowie Konzentrationen von Lorazepam in Höhe von circa 2,1 ɰg/L und Methadon in Höhe von circa 9,7ɰg/L . Daraus errechnete der Sachverständige zur Tatzeit eine maximale Blutalkoholkonzentration des Angeklagten in Höhe von 3,5 Promille.
Der kurz zuvor aus der Haft entlassene und am Tattag wieder in Untersuchungshaft genommene Angeklagte räumte den äußeren Tathergang ein. Er habe als HIV-Infizierter aber nicht zugetreten, um wieder an das Geld zu kommen, sondern um den Geschädigten fernzuhalten, damit sich dieser nicht an einer der von Angeklagten regelmäßig in der Hosentasche mitgeführten gebrauchten Spritzen anstecken könnte. „Vor dem Vorfall hatte ich ab etwa 6 Uhr oder 7 Uhr eine Flasche Wodka und Bier getrunken und eine oder zwei Lorazepam genommen. Am Vortag hatte ich auch getrunken und lebte auf der Straße. Bei dem Vorfall war ich 10 Tage auf freiem Fuß. Ich trank schon mal drei oder dreieinhalb Flaschen Wodka am Tag. (…) Ich nahm alle Drogen (Heroin, Kokain und trank Alkohol - mit Badesalz hörte ich auf). Ich kam bereits mit dem Heroinentzug zur Welt. Mit 13 Jahren oder 14 Jahren begann es mit den Drogen und mit 19 Jahren war ich voll dabei auf Nadel.“ Zwei frühere Unterbringungen in einer Entzugsanstalt hatte er vorzeitig abgebrochen.
Der Zeuge erklärte: „Ich kam von der Substitution heim und war glaublich vorher bei der Drogenhilfe. Ich habe ein Drogenproblem. Die Substitution habe ich im Griff. An dem Tag hatte ich starke Depressionen und starke Angstzustände. Ich wollte für vier Euro zwei Tabletten Diazepam kaufen. Ich gab dem Angeklagten mein letztes Geld. (…) Ich bückte mich nach dem Geld und der Angeklagte schlug mir mit dem Fuß voll gegen die Stirn. (…) Ich stürzte zu Boden und das Blut lief aus meiner Nase wie aus einer Wasserleitung. Als ich mich aufsetzte war die Polizei da und fesselte den Angeklagten.“
Die Vorsitzende Richterin wertete die Angaben des Angeklagten zu seinem Motiv angesichts der Zeugenaussagen als reine Schutzbehauptung und begründete ihr Urteil u.a. so:
„Zugunsten des Angeklagten sprach, dass er sich geständig zeigte und sich beim Geschädigten in der Hauptverhandlung per Handschlag entschuldigte, wobei der Geschädigte die Entschuldigung auch annahm. Darüber hinaus handelte es sich um eine spontane Tat, da der Angeklagte für sich die Möglichkeit erkannte, vom Geschädigten das Geld zu erhalten, nachdem dieser sich nach Betäubungsmitteln am Hauptbahnhof umgehört hatte.
Zudem sprach zugunsten des Angeklagten, dass er sich schuldeinsichtig und reuig zeigte und die Tat aufgrund seiner Alkohol - und Drogenabhängigkeit begangen wurde.
Zu Lasten des Angeklagten war jedoch zu sehen, dass dieser in ganz erheblichem Umfang bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Zudem legt der Angeklagte eine enorme Rückfallgeschwindigkeit an den Tag, so war er erst am 21.08.2018 aus der Haft entlassen worden und bereits am 01.09.2019 kam es zu der hier angeklagten Tat.
Weiterhin sprach gegen den Angeklagten, dass er tateinheitlich mehrere Delikte verwirklichte und der Geschädigte durch den Tritt gegen den Kopf mit den beschuhten Fuß ganz erhebliche Verletzungen davontrug, die auch operativ behandelt werden mussten. (…)
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte vorliegend nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Angeklagte war erst kurz zuvor aus der Haft entlassen worden. Insgesamt hat er sich im vergangenen Jahr nur wenige Wochen auf freiem Fuß befunden, bevor er wieder aufgrund Straftaten inhaftiert wurde. Der Angeklagte ist nach wie vor ohne Arbeit und ohne festen Wohnsitz. Soziale Bindungen hat er keine. (…) Eine positive Sozialprognose kann folglich nicht attestiert werden.“ Für eine erneute, dann dritte Unterbringung in einer Entziehungsanstalt fehle es an der erforderlichen Erfolgsaussicht.
Urteil des Amtsgerichts München vom 09.12.2019, Aktenzeichen 843 Ls 254 Js 184150/19
Das Urteil ist aufgrund Berufung von Staatsanwaltschaft wie Verteidigung nicht rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst