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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 21 vom 16.03.2020

Damenfußball mit Tausendfüßlern

Das Amtsgericht München stellt das Verfahren ohne weitere Auflagen ein

Von dem Amtsgericht München wurde am 24.02.2020 das Strafverfahren gegen eine 31jährige Architektin aus Ostbayern wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ohne Auflagen gemäß § 153 StPO eingestellt.

Die Staatsanwältin beschuldigte die Angeklagte, Ende Mai 2019 bei einem Fußballspiel in München-Laim versucht zu haben, auf die Hand einer am Boden liegenden 20jährigen Spielerin der gegnerischen Mannschaft mit dem Stollenschuh zu treten, was diese nur durch schnelles Wegziehen ihrer Hand verhindern konnte. Anschließend soll die Angeklagte ihr noch den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt haben. Gegen einen entsprechenden Strafbefehl, der eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40 Euro vorsah, legte die Angeklagte Einspruch ein. So kam es zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Strafrichterin.
Über ihre Verteidigerin hatte die Angeklagte bereits im Vorfeld der Verhandlung die Taten bestritten und darauf hingewiesen, dass das angebliche Opfer (O.) sich für ihre Anzeige zwei Monate Zeit gelassen habe und damit auch nur auf eine umgekehrte Beleidigungsanzeige der Angeklagten reagiert habe. Die Angeklagte hatte nämlich nach diesem Spiel zuerst gegen O. Strafantrag wegen Beleidigung gestellt, der zu einem Strafbefehl gegen O. führte, den diese bereits akzeptiert hatte.
In der Verhandlung erklärte die  Verteidigerin „Meine Mandantin erinnert sich nicht, über das übliche Maß in die Zweikämpfe eingestiegen zu sein. Der Platz ist ein Kunstrasenplatz, auf dem man nicht mit Stollen-, sondern mit Noppenschuhen, die auch die Angeklagte trug, spielt.“

Der Angeklagte erklärte, dass die von ihr zur Verhandlung mitgebrachten Schuhe speziell für Kunstrasen geeignet seien und wegen ihrer vielen 8mm langen Noppen auch Tausendfüßler genannt würden: „Ich erinnere mich nicht, versucht zu haben, (O.) auf die Hand zu steigen. In meinen Augen gab es diese Situation nicht. Zur Pause lagen wir wohl schon 0:2 hinten. Keine der beiden Mannschaften konnte ab- oder aufsteigen. Was herauskommt, war ziemlich egal. Wir spielten aus Spaß am Fußball. Ich höre öfter „nimm du die Dicke“, weil meine Figur etwas fester ist. „Fette Sau“ war etwas heftiger. (O.) provozierte und beschimpfte mich schon in der ersten Halbzeit. Mir geht es beim Fußball nur um den Spaß. (…) Ich spielte auf der rechten Seite Verteidiger, (O.) war die Gegnerin auf meiner Seite. (…) Auf ihre Nettigkeiten reagierte ich immer mit Schweigen.“

Die Zeugin O. erklärte: Das Verfahren gegen mich ist abgeschlossen - ich habe schon bezahlt. (…) Ich wurde gefoult, lag am Boden und dann wollte sie mir auf die Hand steigen als sie neben mir stand. Ich zog meine Hand weg und sprach die Angeklagte an: Jetzt steigst du mir auch noch auf die Hand, worauf die Angeklagte lachte, mir den Finger zeigte und wegging. Die Angeklagte foulte mich als ich auf das Tor zulief und ich in der Nähe des Sechzehners war. (…) Das war für du fette Sau, sagte die Angeklagte vor dem Tritt. Diese Äußerung hatte ich aber nicht getan. Ich beleidigte die Angeklagte nicht. (…) Der Schiedsrichter war an dem Tag wohl blind. (…). Ich verstehe nicht,  warum es keine gelben Karten gab. (…) Ich wurde bestraft für etwas, was ich nicht getan habe.“

Während eine Mittelfeldspielerin aus der zwischenzeitlich aufgelösten Mannschaft der O. deren Aussage zumindest hinsichtlich des versuchten Tritts bestätigte und eine andere die Taten bis auf eine irgendwo gerufene „Kack-Tusse“  nicht bemerkt haben will, hatte ihr Trainer die Vorfälle bei nach seinen Worten „einem Spiel mit Nickligkeiten“ selbst nicht beobachtet: „Meiner Meinung nach war es nicht so, dass wir heute hier sitzen müssten. Ich sah keinen versuchten Tritt auf (O.)s Hand.(…)  Ich sah auch keinen gestreckten Mittelfinger durch die Angeklagte. Von Beleidigungen bekam ich nichts mit.“

Der Schiedsrichter hatte ein etwas ruppigeres, aber nicht unsportliches Spiel in Erinnerung. Laut seinem Spielbericht habe es damals keine gelben Karten gegeben. Er habe weder Beleidigungen noch einen versuchten Tritt wahrgenommen.

Eine Mitspielerin der Angeklagten jedoch erinnerte sich an Beleidigungen der O. wie dicke Kuh und geh aus dem Weg du fette Sau. Die Angeklagte, die sich gut im Griff gehabt habe, habe darauf nur mit der Aufforderung reagiert, diese Beleidigungen zu unterlassen. Sie habe der Angeklagten später geraten, dieses unsportliche Verhalten zur Anzeige zu bringen.

Die zuständige Richterin stellte nach Durchführung der Beweisaufnahme auf Antrag der Staatsanwältin mit Zustimmung der Verteidigerin das Strafverfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO ohne weitere Auflagen ein.

Einstellung des Amtsgerichts München vom 24.02.2020, Aktenzeichen 843 Cs 247 Js 185880/19

Klaus-Peter Jüngst

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