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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 9 vom 03.02.2020

Wachsstreifen

Präparierte Fahrkarte kommt teuer

Am 21.01.2020 verurteilte der zuständige Strafrichter am Amtsgericht München einen 70jährigen verrenteten Grafikdesigner aus München wegen versuchten Betruges zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 80 Euro.

Der Angeklagte fuhr am 13.08.2019 gegen 23:25 Uhr mit der S-Bahn von der Haltestelle lsartor bis nach Pasing. Anlässlich einer Fahrscheinkontrolle durch zwei Fahrscheinkontrolleure der Deutschen Bahn zeigte der Angeklagte eine am 01.02.2019 erworbene Streifenkarte vor, welche nach den Feststellungen des Urteils außer den ersten drei Entwerterfeldern mit einer Wachsschicht präpariert war, sodass ein Entwerterstempelaufdruck nachträglich wieder entfernt und die Felder erneut gestempelt werden konnten. Die Fahrscheinprüfer erkannten jedoch die Manipulation der Streifenkarte, zogen diese gegen den erklärten Willen des Angeklagten ein und wurden anfangs von ihm bei ihren Diensthandlungen mit der Handykamera gefilmt und als Pfeifen bezeichnet.
Der Angeklagte erklärte, normalerweise mit einer Monatskarte unterwegs zu sein, diesmal eine in Reserve mitgeführte Streifenkarte entwertet zu haben: „Der Kontrolleur riss mir die Karte aus der Hand und rieb sofort mit dem Daumen auf dem Stempel. (…) Ich musste mit den Kontrolleuren mit nach Pasing fahren, wo ich von sechs Kontrolleuren wie ein Schwerverbrecher behandelt wurde (…) Zwei Polizeibeamte fuhren mit mir nach Hause, um meinen Ausweis, den ich nicht dabei hatte, anzusehen.“ Bei Inaugenscheinnahme der Karte erklärte er zu der auch schon bei der kriminaltechnischen Untersuchung festgestellten Beschichtung, dass diese nachträglich aufgebracht worden sein müsse.

Die Anregung des Richters, seinen Einspruch gegen ihn in dieser Sache ergangenen Strafbefehl über 30 Tagessätze zu 40 Euro zurückzunehmen, quittierte er mit den Worten, bis vor das Bayerische Oberste Landesgericht ziehen zu wollen.
Der als Zeuge vernommene Kontrolleur gab an, dass lediglich der Kopf der Karte und die ersten beiden Streifen hellblau gewesen seien. Er habe den Stempelabdruck abwischen können. Zwischen dem dritten und zehnten Streifen sei ein Film aufgebracht gewesen.

Der zuständige Richter begründete sein Urteil u.a. wie folgt:
„Die streitgegenständliche Streifenkarte wurde im Original im Hauptverhandlungstermin in Augenschein genommen. Zunächst ist festzustellen, dass das Ausgabedatum offensichtlich entgegen den Behauptungen des Angeklagten der 01.02.2019 8.58 Uhr ist. Des Weiteren fällt sofort auf, dass ab der Hälfte des „Kopfes“ bis zum Entwerterstreifen Drei, also einschließlich Entwerterstreifen Vier, ein Film aufgebracht ist. Die Karte glänzt in diesem Bereich, es ist offensichtlich eine Substanz oder ein Film aufgetragen, der dazu führt, dass unterschiedliche Färbungen und auch unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit ohne weiteres erkennbar sind. Bereits die bloße Inaugenscheinnahme der Karte zeigt eine eindeutige Manipulation. Weiter kann gesehen werden, dass wenigstens im Bereich der Streifen Neun und Zehn bereits Entwertungen stattgefunden haben, die wieder entfernt worden sein müssen.“

Der Richter wertete zugunsten des Angeklagten, dass er nicht vorbestraft ist.
„Zu seinen Lasten musste sein wenig glückreiches Nachtatverhalten gesehen werden. Nachdem die Tat im Versuchsstadium stecken geblieben ist, erschien es gerade noch vertretbar, mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen tat- und schuldangemessen zu reagieren. Nach den festgestellten persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten war die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 80 Euro festzusetzen.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 21.01.2020, Aktenzeichen 844 Cs 262 Js 193008/19
Das Urteil ist aufgrund der Berufungen des Angeklagten wie der Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftig.


Klaus-Peter Jüngst

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