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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 13 vom 15.04.2024

Streit um maßgefertigten Acryltisch

Im Streit um die mangelfreie Anfertigung eines maßgefertigten Acryltisches erachtete das Amtsgericht München den Rücktritt des Klägers vom Vertrag für unwirksam und wies die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 2.890 EUR ab.

Der Kläger hatte die Beklagte im Jahr 2020 mit der Herstellung eines Acryltisches beauftragt. Der Acryltisch sollte ein Duplikat eines Acryltisches sein, den eine Bekannte des Klägers vor längerer Zeit bei der Beklagten erworben hatte. Vereinbart war ein Kaufpreis von 2.890 EUR brutto.

Der Acryltisch wurde nach dem Vorbild des Referenztisches von der Beklagten angefertigt und an den Kläger ausgeliefert. Der Kläger verweigerte die Annahme des Tisches unter Berufung auf aus seiner Sicht bestehende Mängel. Nach erneuter Lieferung kam es zu weiteren Mängelrügen des Klägers und Nachbesserungsversuchen der Beklagten. Zu den gerügten Mängeln gehörten u.a. Einschlüsse im Acrylglas und Vorhandensein sog. Newton’scher Ringe (schillernder Lichtringe). Der Kläger erklärte schließlich den Rücktritt vom Vertrag und forderte insbesondere die Rückzahlung des Kaufpreises. Der Kläger behauptete, der neue Acryltisch weise erhebliche Fehler auf und entspreche nicht dem Referenztisch. Er war der Auffassung, der neue Acryltisch sei mangelhaft. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich insoweit nicht um Massenware, sondern um eine Maßanfertigung nach konkretem Vorbild handeln würde.

Die Beklagte behauptete, der neue Acryltisch habe die vereinbarte Beschaffenheit aufgewiesen. Der Tisch sei mangelfrei.

Das Gericht erachtete die Klage hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs für unbegründet und führte hierzu wie folgt aus:

„Ein zum Rücktritt berechtigender Mangel […] lag nicht vor. […]

Bei dem neuen Acryltisch handelt es sich um eine Maßanfertigung nach einem konkreten Vorbild, namentlich nach dem Vorbild des Referenztisches. Die Parteien hatten unstreitig einen Nachbau des Referenztisches vereinbart.

Für die Feststellung der Sollbeschaffenheit beim Nachbau eines Möbels kommt es zunächst auf die konkreten Vereinbarungen der Parteien an. Wird ein Nachbau eines bestehenden Möbels beauftragt, ist dieser Erklärung üblicherweise nach objektiviertem Empfängerhorizont der Inhalt zu entnehmen, dass ein Möbel hergestellt werden soll, dass in optischer Gestaltung und praktischer Nutzbarkeit dem Referenzmöbel entspricht. Die Vereinbarung eines Nachbaus nach dem Vorbild eines Referenzmöbels bezieht sich damit primär auf die optische Gestaltung des Möbels. Sofern darüber hinaus keine besonderen Vorgaben erfolgen, ist im Übrigen vereinbart, dass das Möbel die übliche Beschaffenheit der beauftragten Werkkategorie aufweist.

Nach dem Vortrag der Parteien im hiesigen Rechtsstreit wurde der Nachbau des Referenztisches vereinbart. Die Parteien vereinbarten damit die Herstellung und Lieferung eines Acryltisches, der optisch dem Referenztisch und im Übrigen der üblichen Beschaffenheit von Acryltischen entsprach.

Ein Abweichen des neuen Acryltisches vom Referenztisch bzw. von der üblichen Beschaffenheit im Sinne eines Mangels hat der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen können.

In seiner allgemeinen optischen Gestaltung entsprach der neue Acryltisch unstreitig dem Referenztisch. Es wurde das vorgegebene Material Acryl verwendet; der neue Acryltisch wies die gleiche optische Gestaltung wie der Referenztisch (Tischplatte, Standsäule, passende Fußplatte etc.) auf. Die Mängelrügen des Klägers bezogen sich sämtlich auf kleinere optische Abweichungen sowie auf die angebliche Instabilität des Tisches.

Das Gericht kommt unter Hinzuziehung sachverständiger Hilfe zu dem Ergebnis, dass ein Mangel des neuen Tisches iSd § 434 Abs. 1 BGB (aF) nicht vorlag.

Den Vortrag, der Tisch sei instabil, konnte der Sachverständige bereits nicht bestätigen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen, die auf Wunsch der Parteien auf eine nicht zerstörende Prüfung beschränkt waren, verhielt sich der Tisch bei üblicher Nutzung unauffällig und sachgemäß.

Das Vorliegen von Newton'schen Ringen hat der Sachverständige zunächst bestätigt. Er führte hierzu jedoch nachvollziehbar u.a. auch in der mündlichen Anhörung aus, dass das Auftreten dieser Ringe technisch bedingt sei und bereits bei kleinsten Unebenheiten entstehen könne. Der Sachverständige ordnete die Erscheinung als produkttypisch ein. Vor diesem Hintergrund ist das Auftreten solcher Ringe in seiner produkttypischen Weise nicht als Mangel einzuordnen, sondern als Teil der üblichen Beschaffenheit eines Acryltisches anzusehen.

Der herangezogene Sachverständige hat im Übrigen das Vorliegen einzelner, vom Kläger gerügter Stellen bestätigt, beispielsweise in Bezug auf Einschlüsse an der Klebestelle zwischen Deckplatte und Standsäule, einen Kratzer in der Tischplatte […].

Der Sachverständige hat jedoch ebenfalls nachvollziehbar […] dargelegt, dass eine sachverständige optische Prüfung von Möbeln nach gewissen Standards vollzogen wird, um die Vergleichbarkeit und Objektivierbarkeit der erzielten Ergebnisse zu gewährleisten. Unter Einhaltung dieser Standards […] konnte der Sachverständige eine optische Beeinträchtigung durch die genannten Abweichungen des Tisches nicht fest-stellen. Die vom Kläger gerügten Fehler seien vielmehr nur zu erkennen, wenn man sehr nah an das Möbel herantrete und auf die Fehlerstelle aufmerksam gemacht werde. Bei einer standardisierten unvoreingenommenen Prüfung im Standardabstand fielen die Fehler dagegen nicht auf und seien daher als normgemäß und nicht als optische Beeinträchtigungen zu werten.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 29.02.2024
Aktenzeichen: 161 C 19921/20

München, 15.04.2024
Pressestelle Amtsgericht München

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