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Bayerisches Oberstes Landesgericht

Pressemitteilung 6 vom 24.05.2023

Beschluss vom 15. Mai 2023

103 ZBR-PAG 1/23


Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen gegen die Anordnung seiner Freiheitsentziehung mit Beschluss vom 15. Mai 2023 teilweise schon als unzulässig, teilweise als unbegründet verworfen.

 

Die Polizeiinspektion Kaufbeuren hatte den Betroffenen am 25.04.2023 in Gewahrsam genommen und anschließend die richterliche Anordnung eines längerfristigen Gewahrsams nach Art. 17 PAG (sog. Sicherungsgewahrsam) beantragt. Nach Anhörung des Betroffenen hat das Amtsgericht Kaufbeuren die durch die Polizeibehörde angeordnete Freiheitsentziehung des Betroffenen für zulässig erklärt und deren Fortdauer bis längstens 24. Mai 2023, 10:00 Uhr, angeordnet.

 

Hintergrund für diese Freiheitsentziehung war zusammengefasst folgender Sachverhalt:

 

Seit Dezember 2022 tritt der Betroffene im Raum Kaufbeuren durch Straftaten wie Hausfriedensbruch, Beleidigung, Bedrohung, Nötigung und Sachbeschädigung strafrechtlich in Erscheinung. Der Betroffene bedroht Mitbewohner ebenso wie Mitarbeiter verschiedener Unterkünfte und der Stadt Kaufbeuren, teilweise unter Verwendung von Küchenmessern. Insgesamt kam es bis zum 25. April 2023 zu 56 polizeilichen Vorgängen, bei dem Betroffenen wurden bereits fünf Messer von der Polizei sichergestellt.

 

Zur Unterbindung weiterer Straftaten ergriff die Polizei folgende Maßnahmen: Ingewahrsamsnahmen, Hausverbote, Platzverweise, Gefährderansprachen und eine Unterbringung im BKH Kaufbeuren nach dem BayPsychKHG. All dies konnte den Betroffenen aber nicht davon abhalten, weitere Straftaten zu begehen.

 

Der Betroffene hatte gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt. Weder das Amtsgericht Kaufbeuren noch das Landgericht Kempten folgten der Auffassung des Betroffenen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Betroffene Rechtsbeschwerde zum zuständigen Bayerischen Obersten Landesgericht ein.

 

Der Senat verwarf die Rechtsbeschwerde als unbegründet, weil die Voraussetzungen für die Anordnung des sog. Sicherungsgewahrsams nach Art. 17 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetztes (PAG) gegeben seien:

 

Gemäß Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 c) PAG kann die Polizei eine Person in Gewahr-sam nehmen, wenn das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern. Die Dauer des Gewahrsams, über die ein Richter entscheidet, darf maximal einen Monat betragen (Art. 20 PAG).

 

Die Maßnahme sei bei dem Betroffenen unerlässlich gewesen, da alle anderen Versuche der Polizei, ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, erfolglos geblieben seien und sich die Intensität der Straftaten sogar noch erhöht habe. Es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein länger andauernder Freiheitsentzug den Betroffenen zu einem Umdenken bewegen könne. Der Senat bejahte auch die erforderliche Wiederholungsgefahr; diese liege angesichts der 56 polizeilichen Vorgänge auf der Hand.

 

 

 

Dr. Laurent Lafleur

Richter am Oberlandesgericht

Pressesprecher des Bayerischen Obersten Landesgerichts