Pressemitteilung 19 vom 03.12.2018
Gemeinsame Pressemitteilung der Zentralstelle Cybercrime
Bayern und des Polizeipräsidiums Oberfranken
Bereits Ende letzter Woche wurden vier Männer in Chemnitz
festgenommen, die im großen Stil abgefischte Bankdaten für unberechtigte
Abhebungen entweder selbst verwendet oder die Bankdaten Dritten gegen eine
Provision zur Verfügung gestellt haben sollen.
Nach langwierigen und technisch hochkomplexen Ermittlungen
der Spezialstaatsanwälte der bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg
errichteten Zentralstelle Cybercrime Bayern und der IT-Spezialisten der
Kriminalpolizeiinspektion Bamberg konnten bereits am 29.11.2018 vier junge
Männer aus der Region Chemnitz festgenommen werden. Gegen alle vier Beschuldigten
wurden zwischenzeitlich Haftbefehle erlassen. Sie befinden sich in
unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand sollen sich die
Beschuldigten Zugangsdaten zum Online-Banking, die zuvor von noch unbekannten
Mittätern durch sog. Phishing-Mails erlangt worden waren, verschafft haben.
Diese Zugangsdaten sollen sie in der Folge entweder selbst für missbräuchliche
Abbuchungen genutzt oder aber gegen eine Provision für den Fall erfolgreicher Abbuchungen
Dritten zur Verfügung gestellt haben. Die Beschuldigten sollen jeweils zuvor
das TAN-Verfahren unter Verwendung der erlangten Zugangsdaten abgeändert haben,
um sich oder anderen Personen die Durchführung der Überweisungen zu
erleichtern.
Zur Verschleierung ihrer Aktivitäten sollen sich die
Beschuldigten eine komplizierte Server-Infrastruktur aufgebaut haben. Der
Austausch der Daten zwischen den Beschuldigten, ihren Zulieferern und den
„Kunden“ erfolgte über einen Cloudspeicher.
Insgesamt wurden unter mutmaßlicher Beteiligung der jetzt
Festgenommenen unberechtigte Abbuchungen in Höhe von rund 260.000 EUR
vorgenommen. Hinzu kommen versuchte Abbuchungen in Höhe von weiteren rund
70.000 EUR.
Die Ermittlungen nahmen ihren Anfang bei der
Kriminalpolizeiinspektion Bamberg, weil dort ein besonders schadensträchtiger
Einzelfall angezeigt wurde. Es wurde allerdings schnell klar, dass es eine
Vielzahl weiterer Geschädigter im gesamten Bundesgebiet gibt. Nach
umfangreicher Überwachung und Auswertung des Datenverkehrs konnten ausreichend
Beweise gesichert werden, um einen dringenden Tatverdacht zu begründen. Alle
vier Beschuldigten konnten in einem Geberwerbegebiet in Chemnitz festgenommen
werden. Bei den Durchsuchungsmaßnahmen wurden eine Vielzahl von Computern,
Speichermedien und Mobiltelefonen sowie Bargeld in Höhe von 40.000 EUR
sichergestellt. Die Staatsanwälte und IT-Forensiker der Zentralstelle
Cybercrime Bayern und die Ermittler der Kriminalpolizeiinspektion Bamberg
wurden bei der Durchsuchung und den Festnahmen von Beamten der sächsischen
Polizei unterstützt. Der Zugriff erfolgte letztlich durch Spezialkräfte, um die
Beschuldigten zu überraschen und die Vernichtung von Beweismitteln zu
verhindern.
Den Beschuldigten liegen unter anderem eine Vielzahl von
Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs und des Ausspähens von Daten
zur Last. Das Gesetz sieht für den gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrug
Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor.
Obwohl nach derzeitigem Ermittlungsstand ganz erhebliche
Anstrengungen von den Beschuldigten unternommen worden sein sollen, um ihr Tun
zu verschleiern, ist es nach wochenlanger und mühevoller Kleinarbeit gelungen,
das komplexe Betrugsmodell aufzudecken, die Serverstruktur aufzuklären und die
Beschuldigten zu identifizieren. Einmal mehr wird deutlich, dass auch die
vermeintliche Anonymität des Internets keinen dauerhaften Schutz vor
Strafverfolgung bietet. Die Ermittlungen dauern unverändert an.
Seit dem 1. Januar 2015 besteht bei der
Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern. Diese
Zentralstelle ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener
Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Sie ermittelt in
Zusammenarbeit mit den entsprechenden Spezialisten der bayerischen Polizei oder
des Bundeskriminalamts und mit internationalen Partnern z.B. bei Angriffen auf
bedeutende Wirtschaftszweige oder bei Verfahren aus dem Bereich der
organisierten Cyberkriminalität. Auch dann, wenn bei Verfahren der
Allgemeinkriminalität ein hoher Ermittlungsaufwand im Bereich der Computer- und
Informationstechnik abzuarbeiten ist, werden die Staatsanwälte der Zentralstelle
tätig. Die bearbeiteten Fälle sind vielfältig: Sie reichen von Hackerangriffen
über Fälle des Vorkasse-Betrugs im Internet, z. B. durch professionelle sog.
Fake-Shops, und Fälle von Ransomware bis hin zum Handel mit Waffen, Drogen und
Kinderpornographie im Darknet. Seit dem 1. August 2018 ist die Zentralstelle
Cybercrime Bayern zudem für herausgehobene Fälle der
Wirtschaftscyberkriminalität zuständig. Derzeit sind zwölf Staatsanwältinnen und
Staatsanwälte bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern tätig. Zum Jahresbeginn 2019
werden es 14 sein.